"Lieber Herr Haid!
Ihre werte Karte v. 15.7. erhielt ich mit Dank am 23. ds und wußte nicht recht wie ich manches verstehen sollte, bis am 26. der Brief vom 8. kam da wurde mir klar.
Es tut mir herzlichst leid, daß Herr Doktor von einer so heimtückischen Krankheit befallen wurde. Ich war in großer Sorge, bis am vergangenen Sonntag H. Kirkpatrick mich beehrte und mir die beruhigende Mitteilung machte, daß H. Doktor wieder auf dem Wege der Besserung sei.
Nun bitte ich Sie lieber Herr Haid, Herrn Doktor meine besten Wünsche für seine völlige Genesung und meine herzlichsten Grüße zu übermitteln.
Von Berlin hörte ich bisher nichts.
Gestern war ich bei Blüthner um mir über mein Arbeitsverhältniß Klarheit zu verschaffen. Die Herren sind nun ganz anderer Meinung. Sie sagen, jetzt sind sie so lange in unserer Beschäftigung gewesen, da können wir sie nicht plötzlich und gerade in dieser kritischen Periode einfach entlassen. Ich soll also vorläufig ruhig auf Stundenlohn weiter arbeiten und es müsse sich doch sehr bald das Interim[?] wieder regeln.
Auch wir haben hier die gleiche Kalamität und die Geldnot, niemand hat mehr als 70,- M in der Hand, dabei hat man mir weil ich (mit 77 Jahren) noch Geld verdiene die Rente entzogen – auch ein wesentlicher Fortschritt! Das Motto der Kom. 'Friede, Freiheit, Bot!'
Ich hoffe nun recht bald über H. Doktors Befinden gute Nachricht zu erhalten.
Mit den besten Grüßen auch Ihren Lieben // Ihr sehr ergebener // Otto Marx".