NL Rück, I, C-0570l

"Lieber Herr Marx!

Nach vielen Bemühungen ist es mir und Maendler gelungen, für die Maendler'sche Spinett- und Cembalo-Herstellung einen Fabrikanten neu aufzuziehen, der Springer liefert bezw. liefern kann. Es handelt sich um die Firma "Holzpräzision Karl Stallechner" in Bad Heilbronn bei Bad Tölz. Ich sende Ihnen heute die beiden Holzteile eines solchen Springers und Frage an, ob Ihnen damit gedient wäre, wenn ich die Springer dort für die von Ihnen anzufertigenden Spinette machen lasse. Ich bitte mich natürlich recht zu verstehen: ich möchte Ihnen, wenn möglich, damit die Arbeit erleichtern. Immer aber vorausgesetzt, dass eine fabrikmässige, allerdings präzise Herstellung für unsere Spinette geeignet erscheint. Dies kann ich technisch nicht beurteilen. Die gesandten Springer sind natürlich nicht aus Apfelholz. Wir müssten diesbezüglich entsprechende Vorschriften machen. Ich bin aber natürlich
auch damit einverstanden, wenn Sie wie bisher die Springer selbst machen wollten. Stallechner ist mit Präzisionsmaschinen ausgestattet und will auch darangehen, Klaviermechaniken herzustellen, mindestens dazu benötigte Teile. Er hat bereits 20 Spezialmaschinen konstruiert. Stallechner war früher 1. Werkmeister der berühmten Firma Deckel-München, welche den weltbekannten "Compour" - und "Compound"-Verschluss für Foto-Apparate in alle Welt liefert. Er musste aus politischen Gründen ausscheiden und ist ein ausserordentlich aufwärtsstrebender Mann. Ich höre gerne Ihre Vorschläge.

Das Apfelbaumholz aus Lindenberg i. Allgäu ist noch nicht eingetroffen. Nach Eintreffen sende ich Ihnen gleich 1 kg zu, entsprechend vorgeschnitten gemäss Ihrer gestern erhaltenen Vorschrift.

Für heute beiliegend eine kleine Azung.

Ev. könnte man auch darandenken, nur das Hauptteil zum Springer von Stallechner machen zu lassen und die Zunge selbst zu machen. All dies unterliegt Ihrer Beurteilung. Ich bemerke, dass Stallechner den Springer auch fertig liefern kann, nachdem jetzt die Piloten und die Regulierschrauben eingetroffen sind.

In etwa 10 Tagen geht an Blüthner wieder eine Kiste ab, enthaltend 5 Instrumentenbestandteile zur Veredelung. Näheres weiss Herr Gruber. Die Kiste ist für Sie bestimmt und geräumig genug, um das historische Klavichord, das historische Spinett, die beiden Zithern, die Vogelorgel und ev. die bei Ihnen liegenden Hammersätze aufzunehmen. Man könnte aber auch daran denken, die Hammersätze päckchenweise einigeschrieben an mich zur Versendung zu bringen. Ich bin mit beiden Lösungen einverstanden. Die Rücksendung würde dann wieder durch Herrn Gruber bewerkstelligt werden bezw. durch Herrn Hamann. Diesem sende ich ein Päckchen mit Plätzchen, sowie ich seine Privatadresse durch Sie erhalten habe.

Die gesandten Klavichorde finden meine helle Begeisterung. Hier haben
Sie wieder ganz grosse und unvergleichliche Meisterarbeit geleistet! Steglich ist gespannt wie ein Regenschirm, sie zu hören. Er kann momentan nicht weg, da Maendler jetzt 10 Tage hier ist, um mein Maendler-Cembalo völlig neu zu beledern. Ich wollte ja ursprünglich Ihnen die Springer senden, aber das Transportrisiko erschien uns beiden doch viel zu gross, denn wenn nur ein Päckchen verloren ginge, wären die Springer nicht zu ersetzen gewesen.

Inzwischen alles Liebe und herzliche Grüsse // von Ihrem".

Absender/Urheber Person
Empfänger Person
Datum
1948,06,03
Schreibort
Nürnberg