NL Rück, I, C-0570l

"Sehr geehrter Herr Doktor!

Ihren werten Brief v. 16.2. sowie das Päckchen habe ich erhalten und sage Ihnen meinen herzlichsten Dank besonders für die guten und raaren Sachen, es war alles in tadellosem Zustand und wird mir in dieser trostlosen Zeit ab und zu doch einige frohe Stunden bringen, wobei ich Ihrer ganz besonders dankbar gedenken werde. Auch Ihren lieben Brief vom 12.2. habe ich erhalten mit großen Bedauern, daß Sie noch immer dem Krankenhause treu sein müssen. Sehr erstaunt bin ich über Ihr Gewicht, aber auch ich bin nur noch ein Knochengerüst mit lappiger Haut umgeben. Sehr gewundert habe ich mich über Käser, das kann man wohl nicht gerade dankbar nennen. // Von dem Museum fehlt mir jede Verbindung. Das Haus ist ausgebrannt und zum teil eingestürzt. Im oberen Stock waren noch sämtl. Instr., alles verbrannt, auch die so wertvolle Silbermannorgel hatte wohl eine sichere Schutzmauer die sich bewährt hat, aber die Orgel hatte man zu irgend einem Mätzchen an einen anderen Ort gebracht und so ist's geschehen.

Die Cembalos sind soviel ich weiß bei Gebr. Ammer in 'guten Händen'

Wie H. Prof. [Helmut Schultz] weiß ich nicht, ob zu Hause oder gar in Gefangenschaft, was ich aber nicht hoffen möchte.

Die Sachen die Sie mir so freundlich zugedachten, sind leider über H. St. nicht zu mir gelangt und ich weiß nicht durch welchen Umstand leider als verlustig anzusehen. Sehr bedauerlich. Nun zum Fach: Die Kreutzsche Behauptung kann ich nur zum teil beipflichten. Die schwachen Böden und spärliche Berippung ist sicher Absicht zum guten Schwingen, aber, daß alle 15-20 Jahre die Böden ausgewechselt wurden, das stimmt nicht, denn ich habe noch wenige gefunden wo nicht mehr der 1. Boden war.

Man hat in früherer Zeit, sogar noch bei Tafelklavieren die Rippen eine vor und eine hinter den Steg gelegt (mit dem Steg parallel) mitunter auch nur eine vor dem Steg. Das Resultat haben wir genügend kennen gelernt. Auch ist man da schon, sicher durch die Erkenntniß, dazu über gegangen eine kleine dünne Rippe rechtwinkelig zu den erst erwähnten unter das äußerste Stegdiskantende zu legen, die aber das gleiche Schicksal wie der Boden ereilte, eben zu schwach. [Skizze]

Daß Herr Prof. Steglich wieder in Amt und Würden ist freut mich aufrichtig. Ob und wo hier das Institut noch Vorlesungen hält, weiß ich auch nicht, da auch die Universität ganz ausgebrannt ist. Hoffentlich bekommen Sie von Sighartstein doch noch erfreuliche Nachricht. Wenn aber mein Clavichord sollte verschüttet sein würde ich sehr bedauern.

In welcher Weise ich wieder für Sie arbeiten könnte weiß ich unter jetzigen Umständen auch keinen Rat und in der Weise wie es war wird es auch nicht wieder werden denn ich bin froh, daß ich nun endlich mit dem Finanzamt abgerechnet habe. Das hat ein halbes Jahr gedauert immer wieder sollte ich Vorauszahlungen leisten und dabei versagt die Stadt mit ihrer Pensionszahlung gänzlich. Ich glaube das ist nun in Sachsen so ein herrliches Paradies, wie auch in der Ernährung.

Hoffe Sie im Besitze meines Brtiefes mit Rechnung.

Mit herzlichsten Grüßen // Ihr sehr ergebener // Otto Marx

Will sehen wann ich die Charniere noch habe schicke ich sie.

Die Charniere für die 2 Pulte zu den Nußb. Spinetten habe ich gemacht."

Absender/Urheber Person
Empfänger Person
Datum
1946,03,04
Schreibort
Leipzig