NL Rück, I, C-0570l

"Lieber Herr Marx!

Soeben sandten wir Ihnen in vier Päckchen Apfelbamholz zu, das alt ist (Schlittenkufen). Ich hoffe, dass Sie davon für Springer etwas herausbringen können. Weiteres folgt, wenn es [aus] dem Allgäu eingetroffen ist. Ein Päckchen mit einem einzelnen Brettchen ging vor ca. 10 Tagen schon ab, aber wir wussten nicht genau, ob dieses wirklich Apfelbaum war. Ich sah davon ab, die Sendungen vorher in Spähne schneiden zu lassen, da es nur die Sendung verzögert hätte und Sie sich das Holz bei dem kleinen Querschnitt sicher lieber selbst einteilen, wie Sie es brauchen.

Die 2 Clavichordcopien und die 2 neuen Cl trafen wohlbehalten ein und sind wieder von hervorragend schöner Arbeit. Maendler besichtigte sie mit grossem Interesse und freute sich ebenso wie ich über die wundervolle Arbeit. Die neuen Clavichorde standen etwas über normal A. Ich lasse sie nun mehr einmal etwa einer halben oder guten Viertelton tiefer stimmen, um auszuprobieren (wie wirs szt. bei der MozartClavCopie machten), auf welcher Tonhöhe die Cl am besten klingen. Da Sie mir darüber nichts schrieben nehme ich an, dass die Instrumente von selbst höher inf. der Hitze gingen.

Maendler würde es sehr interessieren, zu erfahren, wie Sie die Rippen beiden neuen Cl legten, ob quer oder längs am Steg. Beide Lagen probierte er szt. aus und meinte, die eine Lösung ergebe einen kräfigeren, aber steiferen Ton, die andere einen schwächeren, aber schmiegsameren Ton. Wie denken Sie darüber aufgrund Ihrer Erfahrungen?

Auch mich würde dieses Problem sehr interessieren. Einen Vergleich der neuen Cl mit der Mozartcopie und mit dem historischen Hubert konnten wir noch nicht machen, da jedes der 3 Instrumente eine andere Tonhöhe hat.

Maendler richtete auch das Clavicytherium etwas nach, dabei brach ein
Kiel ihm ab: ich nehme am nächsten Do den Springer und den benachbarten guten heraus und sende Ihnen beide ein, um den defekten neu zu bekielen, hofftl. haben Sie noch Kiele, ich hätte nur mehr Gansflügel, da meine Kiele allesamt verbrannten.

Der Bau Ja[hnstraße] 27 stockt derzeit wieder einmal, infolge des ständigen Radio- und anderen Geschwätzes betr. Währungreform ist keinerlei Material erhältlich. Ich frette mich durch [=sich mit etw. abmühen]. Aber vor September ist der Einzug kaum möglich. Nun ja, kommt es auf die paar Monate auch nicht mehr an!

Anbei wieder eine kleine Nahrungsbeihilfe: ein Butterbrot mit Bohnen kaffee ist nicht zu verachten. Der Kaffee ist reiner Kaffeeessenz, es
genügt ein halber Kaffeelöffel für eine Tasse, Büchse sehr gut verschliessen, da die Essenz (sog. Ness-Kaffee) Wasser begierig anzieht und dann klebrig wird, was zwar nichts ausmacht.

Wir haben eine tropische Hitze.

Inzwischen muss ich noch herzlichst danken für die 2 Mechanik-Modelle, da haben Sie wieder eine ganz feine Arbeit geleistet: meine vollst Anerkennung dafür nicht minder wie für die so schönen Clavichorde!!

Demnächst geht eine Kiste an Blüthner ab, deren Inhalt für Sie bestimmt ist. Die Deklaration ist so formuliert, dass Sie darin mithilfe von Hr. Gruber die längst fertigen histor. 5 Instrumente rücksenden können! Die Kiste enthält noch Birnbaumholz und Buchenholz.

Bitte sprechen Sie Mit Gruber betr. Zuschickens und Rücksendung. Adresse Hamann erwarte ich noch. Mit besten Grüssen von mir u. Luise // Ihr [handschriftl.] Rück."

Absender/Urheber Person
Empfänger Person
Datum
1948,06,15
Schreibort
Nürnberg
Erwähnte Objekte
erwähnt als
Klang