NL Rück, I, C-0570l

Unter dem Datum von zweiter Hand, wohl das Empfangsdatum "6.2.47."

 

"Sehr geehrter Herr Doktor!

Mit vielem Dank erhielt ich Ihren lieben Brief v. 3.1.47 und sehe daraus, daß Sie gesundheitlich noch nicht ganz auf der Höhe sind, wünsche Ihnen aber von Herzen, daß Ihre Bronchitis so schnell wieder behoben wie bei mir seinerzeit wo Sie mir so liebevolle Pflege angedeihen ließen. Ich bin soweit wieder hergestellt, am 9.1. aus dem Krankenhaus entlassen noch weiter in ärztlicher Behandlung und seit dem 15. wieder an der Arbeit. Mein Arzt und auch ich dachte nicht an eine so schnelle Heilung, mein Arzt befürchtete Brand. Aber Unkraut verdirbt doch nicht so rasch. Warm halten wurde mir von Kr.Haus Arzt empfohlen, aber wie soll man das machen wenn man kein Holz, keine Kohlen, kein Gas, kein Elektr., kein Licht hat. Das Einzige zum wärmen bleibt das Bett und das sucht man auf sobald es dunkel ist. So bleiben die paar Tagesstunden lediglich für die Arbeit. Heute muß ich aber doch, wenn auch mit steifen Fingern Ihnen eine Stunde widmen. Was meine finanzielle Lage betrifft so machen Sie sich keine Sorge, ich komme ganz gut rund und hole mir bei Bl. jeden zehnten meinen Verdienst und kaufen kann man ja doch nichts. Für Ihr freundl. Anerbieten in Besorgung von Medikamenten, Vitaminen u. ä. danke ich Ihnen herzlichst, so gute Sachen sind mir noch nicht verordnet, bei Bedarf werde ich mich gern Ihrer erinnern. Jetzt fängt auch der Tabak und Zig. wieder an zu munden und habe mir gestern 1 Zigarre und heute ein Pfeifchen geleistet, aber Virginier verwahre ich noch. Die guten Suppen kommen mir aber sehr gelegen, da kann man sich gleichzeitig richtig durchwärmen. – Zu Ihrem neuen Kl. Techniker kann ich Sie also beglückwünschen, ob der Ungetreue schon ein Haar in der Suppe gefunden hat wenn er nicht regelmäßig seinen Gehalt einstreichen kann? – Wünsche Ihnen zur Flügelbesichtigung guten Erfolg, daß sich die Schäfchen inzwischen gut benommen haben.

Soweit kam ich vorgestern und inzwischen ist das Päckchen N 20 gelandet mit wieder so guten Suppen, sage Ihnen meinen herzlichsten Dank. Leere Karton gehen noch diese Woche ab. Holz für Tastenbelege brauchen Sie nicht zu schicken, Mahagoni habe ich selbst noch in gesteiften Satain und etwas seltenes, mindest 200 jahr. ganz gedunckelten schlichten einen Rarität. Aber schön ist, daß Sie so allerhand Hölzen in Vorrat resp. in Aussicht haben. Sehr zu begrüßen ist Ihre gegenwärtige Ausstellungsmöglichkeit, denn ein Raum von 5 x 10 mtr  wäre nich nicht einmal der allergeringste Behelf.

Messingblech in 1 mm Stärke ist gerade recht für Tangenten.

Die Neuigkeit über Bl. wäre in Wirklichkeit sehr bedauerlich wenn man einen solchen Betriebe die Seele nimmt. Aber man rechnet für gewöhnlichbis ins 3. Glied, dann kommt der Rückgang.

Gestern war ich wieder bei meinem Arzt und habe einen 2ten Zinkleimverband bekommen, sonst fühle ich mich wohl.

Betr. die Arbeitszeit bei Clavichords und Spinette so habe ich meine Arbeit bis jetzt immer als Nebenverdienst behandelt und mehr als Schätzung gegen regelrechte Stundenarbeit berechnet. Jetzt allerdings ist durch die Lage eine genaue Stundennotierung eingetreten und sind die 2 Clavichorde bei soweitiger Herstellung bis Klaviaturen und Deckel und Bezug 359 Stunden à 1 M. gekommen. Haben Sie nicht mehr die Notierung des Mozartclavichords (Kopie)?

Das wäre wohl für heute alles erledigt.

Inzwischen verbleibe ich mit herzlichsten Grüßen // Ihr sehr ergebener // Otto Marx

Auch Frl. Luise erwidere ich die freundlichen Grüße und Wünsche auf Bestes".

Absender/Urheber Person
Empfänger Person
Datum
1947,01,27
Schreibort
Leipzig