NL Rück, I, C-0570l

"Lieber Herr Marx!

Ich danke bestens für Ihren Brief vom 16. v.M. und freue mich, dass Ihnen die Nährhefe so gute Dienste leistet. Inzwischen werde ich mich um Kremser-Weiss oder Titan-Weiss für Elfenbeinaufleimen bekümmern. Falls ich solches bekomme, geht es als Päckchen an Sie ab. Ich denke schon, es irgendwo aufzutreiben.

Wegen langen Resonanzholzspänen empfehle ich Ihnen, sich an Herrn Hilbert, Prokurist der Firma Schlessiger zu wenden mit Bezug auf mich, damit er Ihnen die benötigten Späne liefern kann. Ich zweifle nicht, dass er, wenn er solche noch hat, sie uns ohne weiteres geben wird, da ich Schlessiger auch allerhand Gefälligkeiten erwies.

Nun wollten wir gestern in Erlangen Ihr "Lemme-Clavichord" stimmen, aber wir haben keinen dazu geeigneten Stimmhammer. Es sind sehr lange viereckige Wirbel, besonders schlank. Ich frage an, ob Sie einen geeigneten Stimmhammer haben: wenn ja, bäte ich, ihn mir leihweise zu überlassen in eingeschriebenem Päckchen, damit ich danach einen anfertigen lassen und Ihnen Ihr Original dann wieder zurücksenden kann. Ich möchte nämlich nicht gerne einen Wirbel erst herausnehmen müssen.

Das Spinnen der verlangten Saiten kann vor sich gehen, aber es fehlen uns die von Ihnen aufgegebenen beiden schwächsten Nummern von Silberdraht. Ich bestellte diese bei den Leonischen Werken Nürnberg, aber es wird einige Wochen dauern, bis ich sie bekomme. Ich bitte Sie um umgehende Antwort, ob wir die schwächsten Saiten anders bespinnen sollen, um Sie rascher zu bedienen, oder ob wir warten sollen, bis die dünnen Drahtnummern angefertigt sind. In Kupfer bekäme ich die Nr. 0,10 mm in Bälde. Wollen wir dies als Ausweichweg nehmen, nachdem es sich ja doch um ein modernes Instrument handelt? Dann bäte ich um Angaben, wie die dünnsten 6 Saiten zu bespinnen sind. Die Kerne für 2 Sätze liegen auf jeden Fall bereit.

Mit herzlichen Grüssen bin ich Ihr

Ich bekam weder Kremserweiss, noch Titanweiss, aber Lithopone, die recht gut decken soll. Ich sende davon in Päckchen an Sie separat ab, probieren Sie diese aus, man meint, sie ginge zu diesem Zwecke auch, da sie auch wie Kremserweiss, ein Bleiprodukt ist! Separat liegen bei einige handgemachte Zigarren, die Sie aber am besten als Feinschnitt in der Pfeife rauchen werden. Zwar nicht gerade etwas Feines, aber für Hauskonsum geeignet, meint Haid.

Vorgestern führte Steglich den Professoren seinen "Zirkus" vor: Entwicklung des Klavieres in Musikstücken, alles klang hervorragend - dank Ihrer ganz grossen Restaurierungskunst! Alles war entzückt!

Die Firmenschilder in den Clavichords könnte man evtl. leicht erhöht einlassen, dann steht deren Oberfläche etwas über die gestrichene Fläche heraus und kann nachpoliert werden? Wenn einverstanden, so machen bitte!

Nochmals bestgrüssend! Ihr Dr. R."

Absender/Urheber Person
Empfänger Person
Datum
1947,05,23
Schreibort
Nürnberg