"Lieber Herr Marx!
Ich danke bestens für Ihren Brief vom 28.4.1946. und freue mich sehr, daß Sie so lieb sind, mir die Springer zu beledern, die ich Ihnen zusenden werde, sobald ich soweit flügge bin, daß ich nach Kohlstein/Behringersmühl fahren kann, um sie aus dem Cembalo herausnehmen zu können. Ich sende sie dann eingeschrieben in diversen Päckchen.
Inzwischen gingen wieder die Päckchen Nr. 1 und 2, enthalten Lebensmittel an Sie ab. Ich erhielt von Ihnen dankend die beiden Notenpulte, die von ganz ausgezeichneter echt Marx'schen Qualität sind und die leeren Kartons.
Von Frau Prof. Schultze erhielt ich außer der Todesanzeige keine Nachricht mehr. Zu der Aufstellung, die Ihnen Dütz sandte, diene Ihnen, daß der Bestand an Büchern und wahrscheinlich auch Noten von Frau Schultz, dem Museum leihweise überlassen wurde. Es könnte sich also bei einer vorsichtig formierten Anfrage nur darum handeln, ob eventuell von den Instrumenten, ich denke hier in erster Linie an Exoten des indisch/persischen Kulturkreises eventuell etwas verkauft würde. Wenn Sie diese Mission übernehmen wollten, würden Sie sie mit einem Kondolationsbesuch verbinden.
Denken Sie: Herr Haid machte mir vor wenigen Tagen den V[o]rschlag, ob Sie nicht einmal die Anregung überlegen sollten, Ihren Wohnsitz nach Nürnberg zu verlegen, um nach Belieben ein wenig bei mir historisch arbeiten zu können und um aus den schwierigen Ernährungsverhältnissen der russischen Zone herauszukommen. Die Zuzugsgenehmigung wäre eventuell durchzudrücken, in Anbetracht dessen, daß Ihre Arbeitskraft einmalig und unersetzlich ist. Ich habe ja für mich selbstverständlich schon sehr oft diesen Gedanken erwogen, Ihnen näher zu bringen. Daß dabei nicht unbeträchtliche Schwierigkeiten zu überwinden wären, ist ja selbstverständlich. Trotzdem hielt ich die Sache nicht für aussichtslos, aber in erster Linie müßten auch Sie als Hauptbeteiligter
sich dazu äußern.
Die Versendung der Clavichordkästen als Päckchen ist natürlich nicht möglich, ich dachte nicht an die starken Krümmungen. So müssen wir auch warten, bis ein Zonenverkehr kommt.
Ohne mehr für heute mit herzlichen Grüßen wie immer // Ihr // Dr. Rück".