NL Rück, I, C-0570l

"Sehr geehrter Herr Doktor!

Mit Dank erhielt ich Ihren werten Brief. Ich hoffe Sie im Besitz meiner Karte wo ich Ihnen die Springermaße angab, es wäre also am Vorteilhaftesten wenn Sie nur Dickten von 5 und 6 mm schneiden lassen (spiegel) die Längen möglichst lang, 1/2 mtr auch länger, desto weniger Abfall.

H. Brömmer habe ich gesprochen er wird Ihnen ein Angebot machen. Es ist immer derselbe Schwindel die Gegenleistung in Leim, Nägel u. s. w. Auch sagte er, er habe gesehen beim Messeschluß wo die Waren hin gingen, da hätte es Schinken und Speckseiten gegeben. Sollte das ein Wink sein? (Könnten wir auch brauchen, nicht war H. Doktor!) Morgen komme ich zu Blüthner und werde wegen der 3 Kisten verhandeln. Ich hatte schon vor 4 Wochen mit den Herren vereinbart die 3 Kisten direkt durch den Spediteur zu mir zu bringen was sie mir auch versprachen. Wenn es nicht anders geht muß ich sie holen lassen, denn der Sp. macht auch nicht umsonst.

Jetzt habe ich die 6 Lindeklaviaturtafeln in Tasten aufgeschnitten und bin am ausputzen. Da giebt es nicht wenig verzogene Tasten und giebt eine heillose Reparatur. Durch Stifte versetzen, Führungen versetzen, auf der einen Seite anleimen, auf der anderen weghobeln, daß die Sache ein ansehnliches Gesicht bekommt. Es ist eben doch nicht mehr die Ware wie früher.

Das Neueste will ich Ihnen noch mitteilen, daß sie mir meine Rente entziehen wollen weil ich mit 77 Jahren noch Geld verdiene. Das nennt sich Arbeiterstaat? Erst wurde man um die Pension betrogen, dann um das Bankguthaben und nun das. Auch das Postsparbuch ist Null. Es bessert sich merklich nur nach verkehrter Seite, bis die Sache bricht. So müssen wir eben unser Schicksal ertragen.

Mit herzlichen Grüßen // Ihr sehr ergebener // Otto Marx".

Absender/Urheber Person
Empfänger Person
Datum
1948,06,02
Schreibort
Leipzig