NL Rück, I, C-0570l

"Sehr geehrter Herr Doktor!

Besten Dank für Ihre werte Karte. Diese hat wesentlich länger als die Päckchen gebraucht. Die 2 Päckchen sind gut angekommen was ich Ihnen auf einer Karte schon bestätigte, nochmals herzlichen Dank.

Mit Ihren geschätzten Aufträgen ist es recht gut gemeint, aber mir nicht nach meinem Wunsche gedient, denn wenn ich arbeite geht es mir um die Arbeiter Verpflegung die ja wesentlich nahrhafter und sofort hänge ich wieder am Finanzamt. Auch werde ich zugleich meiner Rente verlustigt. Seit dem 17.7.46 habe ich meinen Rentenbescheid. Ich bekomme null. 57.- M. Für die Miete muß ich noch 0,50 M. drauflegen, von was sollen wir dann leben? Das ist meine Pension, war früher über 300.- M. So habe ich am 17. meine Rente für 7 Monate (vom Dez. 45 an) mit 399.- M in Empfang genommen. Die anderen Monate sind null. Als Rentenempfänger bin ich als freiwilliges Krankenkassenmitglied abgemeldet und komme mit 75 Jahren nicht wieder hinein. Das sind Zustände! Ich würde ja den Vorschlag machen, wenn es soweit wäre das die Grenzen offen, die ganzen Instrumente zum Abtransport und ich hinterdrein, d. h. wenn Sie mich dort beschäftigen könnten. Vorläufig bin ich gezwungen hierin irgend welcher Branche zu arbeiten um mehr Lebensmittel und Verdienst, denn so kann ich nicht lange existieren. – Soeben war Ernstle mit Nachfolger bei mir worüber ich sehr erbaut. Die Prof. [Helmut Schultz] Bibliothek ist im Konservatorium und Fr. Prof. in einem Kinderkrankenhaus als Medicinerin.

Wünsche, daß Ihre Genesung weiter gut voranschreitet bin ich mit herzlichsten Grüßen // Ihr sehr ergebener // Otto Marx".

 

Mein [Jun]ge ist inzwischen entlassen und [w]ohnt bis 1.9. in Tölz. H. Prof. [Helmut Schultz] soll bei einer Meuterei ums Leben gekommen sein."

Absender/Urheber Person
Empfänger Person
Datum
1946,07,25
Schreibort
Leipzig