NL Rück, I, C-0570l

"Sehr geehrter Herr Doktor!

Wieder ist einmal das liebe Weihnachtsfest vorüber und ein neues Jahr beginnt. Mit den vergangene[en] hofften wir immer auf besserung [sic] aber es kam böserung [sic] und wenn die Verhältnisse so bleiben erwarte ich auch nichts. Und doch wünsche ich Ihnen ein glückliches 'Neues Jahr' vor allem Gesundheit und, daß Sie sich recht bald Ihres neuen Heimes erfreuen und noch recht oft in diesem ein neues Jahr beginnen.

Seit dem nun meine Tochter von uns ging ist mir es sehr einsam, es war die einzige mit der ich mich noch vernünftig aussprechen konnte und so stand ich mit Wehmut vor dem Feste als am heil. Abend 1 Einschr. u gewöhnl. Päckchen zum Abholen kamen und am 1. Feiertag ein Drittes. Was kamen da alles für gute Sachen zum Vorschein, es war für mich die größte Weihnachtsfreude. Am heil. Abend ging es an das Kaffebrennen und so hatte ich frischen gebr. Kaffe (ganz vorzügl.) und das gute Gebäck, sogar echten Tee und die bekannten echten östreicher Zigarren u. die prima Zigarretten, auch das Pfeifchen kommt wieder zu seinem Rechte. Die Nährflocken geben dem Essen einen prima herzhaften Geschmack. Sogar die Milch fehlt nicht zum Kaffe. Die kl. Büchse habe ich noch nicht geöffnet auch das Queff Mehl noch nicht probiert, es ist zuviel auf einmal und so kommt eins nach dem anderen, es heißt trotz der Fülle doch einteilen. Nur Ihnen habe ich die goße Weihnachtsfreude zu danken was ich Ihnen von ganzen Herzen danke.

Auch H. Dütz schickte mir in einem Doppelbrief ein paar Kostproben von Pfeiffentabak was mich sehr freute, so ist nun dieser Fall mit meinem Arbeitsverhältnisse geklärt und es bleibt wie es bisher war, was mir natürlich sehr recht ist. Wenn ich in letzter Zeit weniger gearbeitet habe so kommen verschiedene Punkte in Betracht: Material-Birnbaum (kann ich bei Blüthner nicht bekommen und die Handlungen geben ohne Schein nichts ab); Heizmangel (seit April 3 x 1/2 Ctr. Briketts), Besuch der Tochter mit Enkelchen, meine Frau wieder gefallen und kann sich nur sehr m[üh]sam bewegen, so, daß ich auch mich um das nötigste bekümmern mu[ß,] aber auch das geht vorüber und ich arbeite wieder meine volle Zeit. Dazu kommt noch die Lichtsperrzeiten, also behindert an allen Seiten[.]

Bei Blüthner gebe ich voll meine Arbeitzeit an, da ich wegen der Zuteilung meine Stunden heraus bekommen muß, ich habe ja schon wegen Materialmangel 10 Tage ausgesetzt aber das geht nicht so oft und so steht jetzt die Stundenzahl seit der Verrechnung mit H. Haid seit dem 17. März bis 31. Dezember 47:

bei Blüthner verrechnet 1743 Stdn, dagegen gearbeitet 1376 Stunden. So wird also bei der Umrechnung auf 1.50 M die Stunde nicht mehr viel übrig bleiben. Ich hoffe auf Ihres Einvernehmens, zumal Sie mir auch schrieben, daß ich mich nicht an die arbeitzeit binden solle und nach meinen Kräften die Arbeit einteilen.

Die Messingdrähte habe ich probiert und finde sie recht, Ösen lassen sich gut andrehen ohne zu brechen.

Heiners Brief hat mich sehr interessiert und habe mir seine Adr. notiert und werde ihn auch von mir ein Lebenszeichen senden.

Auch Frl. Luise wünsche ich ein glückliches u. gesundes neues Jahr.

Nun seien Sie herzlichst gegrüßt // von Ihrem dankbaren // Otto Marx.

Wünschen Sie die Messingdrähte zurück?

 

Heute erhielt ich von M. Häusler 4 Fichte Klaviaturtafeln 2 für Spinette u. 2 für Mozartflügel es ist sehr schönes mildes Holz und dem von Schlessiger bestimmt vorzuziehen, also auch dieser Mangel behoben."

Absender/Urheber Person
Empfänger Person
Datum
1947,12,31
Schreibort
Leipzig
erwähnte Personen