"Lieber Herr Marx!
Ihren werten Brief vom 4.3. 1946 erhielt ich am 20. dankend und freue mich, daß mein erstes Päckchen Sie gut erreichte, hoffentlich auch das zweite.
Ich glaube gern, daß auch Sie krachdürr geworden sind. Ich wiege jetzt im Hemd 63 kg statt 82 kg. Aber ich hoffe, daß es doch langsam aufwärts geht. Ich denke, daß mein Aufenthalt hier nicht mehr allzulange dauern, wird, aber so lang die Heizperiode währt, werde ich noch hier sein. Von meinem Personal haben mir Kithil, Ziereis, Rückert und natürlich Haid die Treue gehalten. Frau Schwab früher Möbus begleitete ihren Mann ins Studium höherer Viechdoktorei - ist offenbar schöner als bei Firma Rück maschinenschreiben und Buchhaltung, obwohl letzteres sicher lukrativer wäre!
Daß Prof. Schultze vor knapp einem Jahr fiel, wissen Sie offenbar noch nicht. Bei Ammer siehts auch traurig aus: der eine Bruder beging Selbstmord, der andere ist gestorben.
Ich werde einmal reklamieren was eigentlich mit den Sachen los ist, die ich Ihnen zudachte und kann mir den Umstand nicht erklären.
Freundlichen Dank für Ihre Mitteilung der Erfahrungen über alte Clavichorde.
Nun wäre ich Ihnen sehr dankbar, ob Sie m ir nicht doch trotz den Zeitnöten etwas helfen könnten. Herr Lutz, der Sie in einigen Wochen besucht, wird Ihnen meine Vorschläge machen. Das momentan erwünschteste wäre mir der Ersatz der Leder an vier Springerreihen eines modernen Maendler-Cembalo. Die Springer und Leder könnte ich Ihnen im Päckchen senden. Maendler hat ja weder Werkzeug noch Material noch Arbeitsraum. Da Sie andererseits das Instrument nicht kennen, schlug Maendler folgendes vor: die Leder dürften zirka 4-5mm langer sein als die alten abgespielten, das gäbe für die neuen Leder ab Außenkante des Springers etwa 8mm. Man würde sie praktisch gleich etwas anspitzen, annlich nebenstehender Skizze, damit Maendler nicht zuviel und schwer zu schneiden hat, weil es ihm auch an Messern und Schleifsteinen mangelt. Da man damit rechnen müß[te,] daß beim herausmachen der abgespielten Leder, Springer platzen, könnte es Maendler schon deswegen nicht machen, weil ihm auch die primitivsten Vorrichtungen: Bohrmaschinchen, Bohrer, Achsen fehlen. Das exakte Einschneiden der Leder an das Instrument würde dann Maendler in Nürnberg machen. Bitte überlegen Sie sich einstweilen diese Sache. Herr Dütz wird auch mit Ihnen besprechen, welche neuen Vorschläge ich Ihnen mache, um Sie in Zukunft von allen Scherereien endgutig zu entlasten! Ich glaube, daß meine Vorschläge diesbezüglich Ihre Zustimmung finden werden.
Das Cembalo bräuchten wir nämlich für Konzertzwecke und entbehren es hart.
Ich darf wohl um die Rechnung für die Scharniere für die Pulte zu den Nußbaum-Spinetten bitten, ferner auch um die Rechnung fur die Clavichordkopien. Mir geht es nach und nach besser, ich kann schon mehr vertragen und darf jeden Nachmittag ausgehen, bleib aber während der
Heizperiode noch im Krankenhaus.
In den nächsten Tagen geht Päckchen Nr. 3 an Sie ab. Mit herzlichen Grüßen // Ihr
Ich werde allerdings nur gewalztes Sohlleder bekommen, vermute aber, dass Maendler auch nie ein anderes verwenden konnte, [unleserl.]
[Unleserl.] ich solche, gesammelt, gelegtl. zurück [unleserl.] da auch Schachteln rar sind, wie halt leider so alles und jedes. Haben Sie besondere Wünsche? Noch etwas wichtige[s]: ich bräüchte einige Messingsorten[?] für deren Härte, da ich neue anfertigen lassen muss u. keine Proben mehr habe. Bitte also um je ein Muster von etwa 3 versch. Stärken, aus denen der Grad der Härtung ersichtlich ist. Der Hersteller hat auch kein Muster mehr. Nochmals bestgrüssend D.O."