Keine direkte Datumsangabe, vor/am 21. Juli 1957. Wahrscheinlich übergab Rück das Gutachten im Juli bei Walter Nefs Besuch in Nürnberg (siehe Brief der Schola Cantorum vom 5. September 1957).
Zustands-Gutachten zum Hammerflügel von Conrad Graf der Schola Cantorum Basiliensis.
"Signatur: Gonrad Graf / k.k. Hofklaviermacher in Wien / Wieden No 182" auf Porzellanschild und handschriftlich "unter der Klaviatur auf dem Spielboden". Stempel der Graf-Werkstätte auf Resonanzboden und "Opus-Nr. 904".
Klaviatur: Sechseinhalb Oktaven, Untertasten Elfenbein, Obertasten braun gebeizt mit Ebenholzfurnier. Ganztöne in der Mittellage stark abgespielt.
"4 Pedale: Fagottzug fehlt, Moderatorzug, Verschiebung und Dämpfungsaufhebung.
Gradsaitig. Bezug: 5 Doppelchore kupferübersponnen im Bass, anschliessend 16 Dreifachchore, davon 12 Messing und 4 Stahl. Die 12 Messinchore sind nur doppelt bezogen und die überschüssigen 12 Stimmnägellöcher ausgedübelt. Auf einem weiteren Steg sind sämtliche Stahlchore 3-chörig."
Stimmung: schlechte Stimmhaltung; in den oberen 3,5 Oktaven ist die Stimmung bis zu zwei Ganztönen gesunken. "Der Grund liegt darin, vor allem dass sich die vordere Seitenwand in ihrem gebogenen Teil vom Rasten gelöst hat und man sieht deutlich die helle Linie von dem Anhang, die bis zur Mittellage verläuft und anzeigt, dass die Seitenwand gelöst ist."
Das Instrument weist Stockflecken auf.
Bassteg ist am Ende "mit 3 eisernen Schraubenauf dem Resonanzboden verschraubt", muss sich also einmal gelöst haben.
Stimmstock sitz fest, "hat sich aber nach oben und nach vorne auf die Stimmnägel zu geworfen."
Aktuelle Besaitung ist neu, vermutlich zu stark. Alte Nummern der Graf-Werkstatt auf dem Resonanzboden verzeichnet.
Eisenspreize in Mitellage, Blindchor entfernt.
Sehr wenig bis kein Druck mehr auf dem Resonanzboden.
"Notenpult und Lyra mit Pedalen und Zugdrähten vorhanden."
Kastendämpfung mit alter Belederung vorhanden. 12 Dämpfer fehlen im Diskant: "eine bekannte Erscheinung an den historischen Flügeln."
Mechanik: Fänger- und Auslöserschutzleiste fehlen, "eine Anzahl Hammerkerne und Hammerstiele sind mit Fäden repariert, ein abgebrochener Hammerkern fehlt. Die Hammerköpfe stehen in ungerader Linie." Hammerköpfe aus Leder, "seidenweiche Oberfläche" abgeschliffen.
Hämmer "scheinen [...] gesteift zu haben.
Es kann keine Garantie übernommen werden, dass der Flügel im Diskant und in der Mittellage Stimmung hält."
Klangboden: fehlt. Löcher für Messinghacken für Auflage des Klangbodens noch in den Wänden sichtbar.
Saitenanhang scheinbar nicht verdübelt.
Stimmwirbel: "moderne Vierkantwirbel"; zu leichtgängig. Müssen durch stärkere ersetzt werden, "zugleich mit neuem schwächeren Bezug."
Es werden ähnliche Arbeiten durchzuführen sein wie bei der Restaurierung des Hammerflügels von Conrad Graf in Stockholm.
Stimmstock: Ob er freigelegt werden muss ist noch unklar.
Saitenstärken werden aufgelistet.
"Dr. Rück unterbreitet Marx den Vorschlag, ob man nicht die lose gewordene Seitenwand mit dem Rasten nicht nur verleimen soll, sondern auch verdübeln könnte und sollte, damit sie sich nicht mehr lösen kann. Marx will diese Sache überlegen."
Nachtrag vom 21.07.1957 zum Austausch zwischen Rück und Nef: "Dr. Nef ist der Ansicht, man sollte immerhin die Reparatur wagen, denn im derzeitigen Zustand ist der Flügel musikalisch gar nichts. Vielleicht hält er doch wie der Erlanger Graf und jener von Prof. Neumeyer-Freiburg.
Wir schreiben gleichzeitig an Emsheimer, was dort gemacht wurde, um die oberste Diskant-Oktave von der Verstimmung zu heilen.
Dr. R. informiert Nef, dass wir einen längeren Liefertermin brauchen, womit er einverstanden ist."