"Lieber Herr Marx!
Ich sende Ihnen anliegend oder separat die Zeichnung für den Mozartflügel zurück, ferner die Zeichnung der Mechanik, und bemerke dazu folgendes:
ein Vergleich der Zeichnung mit der von Ihnen und Maendler seinerzeit angefertigten Original-Kopie ergab, dass die zeichnung noch einmal neu gemacht werden muss. Auf der heute zurückfolgenden zeichnung finden Sie einen neu eingezeichneten Sattel auf dem Stimmstock, der nunmehr richtiggestellt ist. Ferner finden Sie separat beiliegend die Saitenlängen für den ganzen Bezug. Die Saitenlängen sind die klingenden Längen von Stift zu Stift mitte Chor gerechnet und auf dem neuen Sattel, den Sie in der neuen Zeichnung einzeichnen müssen, bereits richtig gestellt. Aus dem eingezeichneten Originalsattel und den beiliegenden Saitenlängen können Sie nun die Kurve des rückwärtigen Steges vor dem Anhang festlegen.
Die Aussenmasse des Instruments nach Länge und Breite können wie auf der alten Zeichnung belassen bleiben.
Zu beachten ist noch der schräge Damm vom Querdamm zur Längsseite des Instruments, der auf der alten Zeichnung nicht die richtigen maasse hat. Die neuen Maasse hat Herr Scholz eingezeichnet.
Es ist ratsam, die Zwischenräume der einzelnen Saiten an den Choren nachzustechen, weil hier auch eine Differenz zwischen der Originalkopie und Ihrer Zeichnung besteht. Wie Sie aus der korrigierten zeichnung ersehen, hat Herr Scholz auf der neuen Dammkurve im Diskant 9 notwendige Aenderungen angedeutet, diese kleinen Striche bedeuten Mitte vom Chor.
Die Stimmwirbellöcher müssen ebenfalls neu eingezeichnet werden, da sie dann auf die neue Kurve abzustellen sind.
Um Ihnen die Arbeit zu erleichtern, senden wir Ihnen separat ein Holzleistenmodell, das die Kurve des neuen Sattels genau angibt. mit dem Holzmodell müssen wir so verfahren, dass wir es in der Mitte auseinanderschneiden, damit es transportfähig wird. Die eiserne Mittelspreize sitzt richtig.
Wenn Sie sich erinnern, hatten wir damals grosse Schwierigkeiten mit der Einfahrt, die gleichen Schwierigkeiten hatten wir jetzt wieder: die eine Maendler gehörige Kopie haben wir nämlich nach langen Bemühungen nach New York verkauft an die Pianistin Lonny Epstein, Schülerin von Friedberg, die in Köln studierte und deren Sie sich vielleicht noch erinnern. Diese Maendler'sche Kopie hatte durch Feuchtigkeit gelitten, der Stimmstock hatte sich auf die Tastaturseite zu etwas hochgezogen, die Verdoppelung des Stimmstocks unten hatte sich selbst gelöst, sodass wir eine neue Verdoppelung aufleimen mussten. Da die Einfahrt sehr eng war, mussten wir dem über den Querdamm hineingehenden, durch eine Leiste verzinkten Resonanzboden mit einer biegsamen Welle allerhand abfräsen, damit die Auslösung funktionierte und der Hammerkern nicht am Stimmstock anstreifte. Es würde sich deshalb bei der neuen Zeichnung
empfehlen bei der Einfahrt einige mm zuzugeben, um mehr Platz zu gewinnen.
Noch etwas bitten wir bei der neuen Zeichnung zu beachten. Der Saitenschrank vom Sattel zum Stimmwirbel geht bei Ihrer Zeichnung durchgehend von links nach rechts. In Wirklichkeit soll er gehen: vom Diskant bis zur Spreize von links nach rechts. dagegen von der Spreize zum Bass umgekehrt, also von rechts nach links. Es handelt sich nun noch um die Unterlage, auf welche der Stimmstock rechts und links aufgeleimt ist. Auf Ihrer alten Zeichnung sind diese Masse mit einem Frage zeichen versehen. Herr Scholz zeichnete die richtigen Masse ein. Die Diskantseite ist durchgehend bis zur rechten Vorderkante des Stimmstocks mit 37 mm bis zur Linie A. Von dieser ab nach vorne ist ein massiver Nussbaumklotz sich fortsotzend mit 45 Breite, der an den inneren Teil der Zarge und auf den Vpielboden festgeleimt ist und der eine Ausfalzung trägt zur Einfahrt der Mechanik. Die Bassaite geht bis zum Querdamm, vermutlich verbindet sie sich mit dem Querdamm durch Dübel oder Zapfen nach vorne gegen die Klaviatur, bis zur linken Vorderkante des Stimmtocks geht sie durch bis zum Punkt B, von dort ab kommt wieder ein 44 mm breites massives Nussbaumstück, das ebenfalls für die Einfahrt wieder ausgefälzt ist. Vergl. die Fotografie des Originals von oben, die ich Ihnen in ein paar Tagen noch separat zusende und die den Flügel von oben fotografiert zeigt.
Nun kommen wir zur Klaviatur: an der Klaviatur müssen wir eine Aenderung vornehmen. Es hat sich gezeigt, dass der Wagepunkt nicht stimmt bei den 2 neuen Klaviaturen, die Sie zu machen die Freundlichkeit hatten. Wir müssen die Löcher ausflicken und die Waagepunkte neu anbringen, ebenso die Stifte versetzen. Wir halten es für einfacher, wenn wir diese Arbeit hier vornehmen, dagegen bräuchten wir von Ihnen dazu für die 2 Klaviaturen 2 Sätze neuer Bäckchen. Die Bäckchen, welche Sie anfertigen, sind viel netter und historischer, als die Bäckchen an den beiden Original- Klaviaturen, welche seinerzeit Schäuffele-Stuttgert ziemlich klobig anfertigte. Wir bitten Sie um 2 Serien neuer Bäckchen und schicken Ihnen dazu ein Musterbäckchen in Holz. Wir haben das Muster reichlich breit gemacht, damit wir jedes einzelne Bäckchen auf die Taste richtig einstellen können. Sie wollen die Bäckchen bitte gleich fix und fertig machen, also mit Leder garnieren. Wenn Sie kein geeignetes Leder haben, bitte ich dieses anzufordern.
Auf der Mechanik-Zeichnung hat Herr Scholz im Waagepunkt die Tasten 1, 2, 59 und 61
eingezeichnet, wie sie richtig sitzen müssen. Taste 1 ist die 1. Untertaste, also das Kontra-F, Taste 2 die 1. Obertaste, das Kontra-Fis, Taste 59 ist Dis''', Taste 61 f''', letzteres also der höchste Ton im Diskant. Es wäre von grossem Vorteil, wenn Sie die ganze Klaviatur in die Werkzeichnung einzeichnen würden zu Uebersicht der Teilung.
Die neuen gesandten beiden Klaviaturen weisen Tastenlängen auf, welche gegenüber den Tastenlängen an den beiden ersten Kopien etwa 3 mm länger sind. Wir müssen demgemäss, nachdem die beiden Klaviaturen ja fertig sind, uns beim Umbau damit helfen,
dass wir das Instrument um 3 mm länger machen. Die beillegende Mechanik-Zeichnung in Tusche stimmt mit den Massen der ersten beiden Kopien vollkommen überein und dürfte wohl damals schon gemacht worden sein. Nur die beiden neuen Klaviaturen, die Sie jetzt zuletzt machten, weisen die Aenderung auf gegenüber der Zeichnung, dass die Tastenhebel um 3 mm längen sind. Wir bitten Sie, der neuen Werkzeichnung der Klaviatur-Teilung die Masse der Tusche-Zeichnung zugrunde zu legen. Aber dabei den Tastenboden nicht auf die Tasten aufleimen, sondern in der Höhe des Tastenhebels, also von unten nach oben gerechnet, zu berücksichtigen. Ich glaube zwar, dass am Originalflügel der Tastenhebel unten am Waagebalken die kleine Auflage hatte. Herr Scholz meint aber, es ist doch richtiger, diese Auflage in die Tastenhöhe einzubeziehen. Allerdings wird dadurch das Tastenggewicht vergrössert und das ganze Gewichtshebelverhältnis geändert.
Ich habe mich deshalb entschlossen, Herr Scholz, der seinen Urlaub im Bayer. Oberland
verbringen will, kurzerhand nach Salzburg zu senden, damit er alle fraglichen Punkte am Flügel direkt klärt."