NL Rück, I, C-0570m

"Lieber Herr Marx!

Wenn Sie mir gelegentlich wieder leere Büch[s]en und Päckchenkartons zurückschicken würden, wären wir dankbar. Ausser Sie brauchen die Blechbüchsen dringend, dann beschaffen wir hier neue.

Wegen des Umlegens der Flügelpulte nach hinten muss unseres Erachtens weder eine Stütze noch ein Stellrähmchen angebracht werden. Am Walter-Flügel der Dorothea von Kurland ist die Sache folgendermassen gelöst:

rechts und links an den Innenkanten der beiden Pultbacken befindet sich je ein waagrechterStift als Achse. In diesen Stift greift ein messingnes, flaches Plättchen ein, welches seinerseits mit zwei Schrauben an den beiden Aussenseiten des Pultes festsitzt und im unteren Teil ein Loch trägt, in welches der Stift eingreift. Wenn man das Pult hochstellt, klemmt es sich automatisch hinter die Leiste, auf welcher die Noten aufstehen. Wenn man den Kurlandflügel schliesst, muss man das Pult umgekehrt einlegen, dass die Spitze nach rückwärts gegen die Dämpferleiste zu steht, dann geht der Deckel glatt zu. Oeffnst man wieder den Deckel, muss man das Pult wieder drehen. Wenn Sie wünschen, kopieren wir Ihnen diese Anlage beim nächsten Erlanger Besuch. Ein Pult bitte ich Sie aber ganz in der originalen Form anzufertigen, da es für den frühesten Walter gehört in meiner Sammlung. Hier muss also das Pultblatt zwischen die beiden Backen eingesteckt werden wie es im Original gewesen ist und dieses Pult darf keine Scharniere bekommen. Ich erwarte gerne Ihre freundlichen Rückäusserungen.

Das Holz für die Pultteller bekam ich noch nicht von Schiedmayer, wahrscheinlich sind dort Ferien bis 9.d.M..

Das Päckchen für Herrn Held geht in dieser Woche an Sie ab. Fordern Sie ihn einfach auf, es bei Ihnen abzuholen.

Nun fehlt mir aber zu meiner kleinen Kirchner Bandsäge der Druck-Apparat zum Parallel-Lineal und zwar entweder der Apparat HZH oder der Apparat ZU. Herr Held besorgte mir wohl das Parallel-Lineal, aber die Hauptsache fehlt noch: nämlich der zugehörige Druck-Apparat zum Trennen und gerade diesen bräuchten wir dringend für Geld und gute Worte. Seien Sie doch so lieb, mit Herrn Held zu sprechen, ob er uns nicht auch noch einen solchen Druck-Apparat liefern kann und stellen Sie ein 2 kg Lebensmittelpäckchen in Aussicht. Dann geht die Sache vielleicht wesentlich rascher und reibungsloser. Denn das Parallel-Lineal allein nützt uns ja noch nichts, wenn wir nicht den zugehörigen Druck-Apparat bekommen können. Es wäre möglich, dass dieser erst für das nächstgrössere Sägen-Modell gemacht wird, aber dies würde meines Erachtens keine Rolle spielen, denn wir können ja den Tisch der Kreissäge auch seitlich verbreitern durch ansetzen einer Platte, auf welcher dann der Druck-Apparat Platz finden kann. Ich wär Ihnen sehr dankbar, wenn Sie Herrn Held dazu bringen könnten, mir auch noch
diesen Apparat zu liefern, da wir desöfteren dünne Späne schneiden müssen und dazu diese Vorrichtung fast unentbehrlich ist. Ich erwarte gerne Ihre weiteren Nachrichten.

Das Parallel-Lineal ist inzwischen von Krause gekommen. Die Firmenschilder sind noch nicht in Arbeit gegeben, da ich erst heute dazukommen, solche zu fotographieren, um dem Fabrikanten ein Muster für die Anfertigung zu geben.

Klavichord!

wir dokterten an dem einen Klavichord ziemlich viel herum, vor allen Dingen entschlosssen wir uns, die historische Fächerführung endgültig und für alle Zukunft über Bord zu werfen. Wir entfernten die Hartholzführungen und änderten die Tastatur dahin ab, dass das Ende der Tasten etwas verschmälert wird, mit Kasimir gefüttert wird und die Tasten zwischen drehrunden glanzpolierten Stiften laufen. Auf diese Weise brachten wir vor allem die immer wieder auftretenden Klappergeräusche auf ein Minimum zurück. Trotz bester und sorgfältigster Arbeit arbeitet das Holz ständig und verändern sich infolgedessen die Standorte der Hartholzzungen um eine Nuance mit dem Effekt, dass sie störenden Nebengeräusche erzeugen.

Ich bitte Sie, auch bei weiteren neuen Spinetten die Fächerführung aufzugeben und an deren Stelle die Führung zwischen 2 Stiften zu machen. Dadurch, dass man nie weiss, ob nicht die Instrumente in Räume mit Dampfheizung kommen, ist in dieser Fächerführung bei Dampfheizung ein recht unangenehmer Störungsfaktor gegeben, den wir eben für die Zukunft dadurch ausschalten wollen, dass wir die Tasten zwischen Stiften führen.

Weiter bezogen wir das Klavichord mit Messingsaiten, da die Mensur nach der Berechnung des Herrn Scholz für Messing gedacht ist, was Ihnen ja auch bekannt ist. Der Ton wurde dadurch etwas feiner. Desweiteren setzten wir über den Tuchflechtstreifen eine Leiste nach altem Vorbild, wodurch der Ton bestimmter wurde.

Alle diese drei Aenderungen haben das Klavichord zweifelsfrei tonlich verbessert. Was wir aber bisher nicht wegbringen konnten und wahrscheinlich auch nicht wegbringen werden, ist die steife Spielart. Herr Scholz ist der Meinung, dass diese von der Lage des Waagepunktes herkommt, man müsste den Waagepunkt mehr zur Mitte der Tastenlänge
le[g]en. Nun überlegen wir uns und wollen einmal an der Mozart-Klavichord-Kopie nachprüfen, ob wir nicht an dieser ebenfalls eine Verbesserung erzielen können, wenn wir den Stahlbezug durch Messing ersetzen. Bei dieser Gelegenheit werden wir auch die Lage der Tastenwaagepunktes nachprüfen. Das Brixlegger Klavichord ist zweifelsfrei im Ton schöner als die Neukonstruktion. Das Ansprechen der Töne ist bei dem Brixlegger Instrument ebenfalls leichter, sodass die Frage zu lösen ist, ob wir gegebenenfalls bei einem Klavichord-Neubau das Brixlegger oder das Mozart-Klavichord nachbauen.

Nun kommt aber noch dazu, dass wir in der Sammlung drei Hubert-Klavichorde haben, von denen erst das eine, gebunden, restauriert ist und dieses gebundene ist - wie halt alle gebundenen! - tonlich sehr schön. Aber, wenn ich mich recht entsinne, ist unter den beiden unrestaurierten Klavichorden auch noch ein bundfreies Hubert und dieses müssten wir erst meines Erachtens restaurieren, ehe wir einen endgültigen Entschluss
fassen, welches Modell wir einer Neukonstruktion zugrundelegen wollen.

Wenn die vier Böden fertig vorliegen, ist dies kein Unglück, notfalls wird eben das Holz anderweitig verwendet und was die eine Klaviatur anlangt, so kann diese ev. für ein einchöriges Klavichord Verwendung finden. Darüber wollen wir uns allesamt keine grauen Haare wachsen lassen.

Es wird Sie auch noch interessieren, dass Herr Scholz am Steg des neuen Klavichords insofern eine, wie wir glauben, Verbesserung anbrachte, als er im Diskant den Steg nach Möglichkeit nochmals abgestochen hat in der Breite, also schmaler und schlanker machte, was dem Diskant auch zugute kam.

Im Zusammenhang damit wäre mir sehr interessant, wenn Sie sich erinnern, von Ihnen hören zu dürfen, ob bei dem Brixlegger Klavichord Ihrerseits die Stegberippung genau nach dem Original gemacht wurde sowohl in der Dimensionierung als in der Plazierung des Steges und - vor allem - ob die Rippen frei liegen oder ob sie, wie wir es früher öfters machten, in der Unterlage eingelassen sind. Herr Scholz hat in seiner früheren Tätigkeit die Rippen immer frei gelegt, wodurch zweifelsfrei der Boden mehr Bewegungsfähigkeit bekommt. Andererseits ist natürlich klar, dass er sich vielleicht früher durchdrückt als bei eingelassenen Rippen. Aber ich würde, offen gestanden, diese letztere Eventualität in Kauf nehmen.

Jedenfalls hat sich bei unseren Studien wieder aufs neue bestätigt, dass der Klavichordbau die haarigste Sache im Instrumentenbau ist, die es gibt.
Derzeit arbeiten wir an dem schönen Befinger-Klavichord gebunden, um das Klappern etwas zu beseitigen. Dabei fanden wir, dass der alte Messingbezug, der noch vom seligen Frank vom Deutschen Museum in tiefsten Friedenszeiten daraufgemacht wurde, entschieden schöner klingt als die bei uns lagernden, durch Drahtfabrik Maxfeld gelieferten neuen Messingsaiten. Wir sind wieder um eine Erfahrung reicher und man lernt nie aus im Leben. Unser früherer Draht (nicht der von Frank) war von der Firma Hüttlinger-Schwabach und war tonlich recht befriedigend. Hüttlinger lieferte aber in der RM-Zeit nicht. Ich will nun versuchen, von dort wieder Draht zu bekommen.

Könnten Sie mir nicht eine Skizze für ein Untergestell, zu den Spinetten passend, vorschlagen, bei dem die Füsse bezw. das rechte und linke Fusspaar eingeklappt werden könnte, für Transportzwecke. Ein derartiges Untergestell wäre praktischer als die festen Untergestelle, die wir hier haben. Unser Untergestell hat eine Höhe von 65 cm, doch ist dieses Mass nicht absolut bindend.

Nun haben Sie einen ganzen Blütenstrauss von Fragen und Anregungen und wir erwarten gerne und mit grossem Interesse Ihre freundliche Rückäusserung.

Mit herzlichen Grüssen // Ihr

 

Das Befinger-Klavichord - szt restauriert von Frank/München - hatte ursprünglich die FÜhrungsfedern am tastenende wohl von Fischbein, Frank ersetzte sie durch messingne, was natrl. sehr klapperte. Wir ersetzten sie nun durch Buchsfedern, was verbesserte, aber noch nicht genügte, obwohl Befinger damals 1780 die Schlitze im Führungsrechen nicht parallel schnitt, sondern konisch, nach rückwärts zu sich erweiternd, wodurch die reibende Fläche geringer wurde. Da aber auch die Buchsbaumfedern nicht genügten, garnierte sie Scholz nun noch mit ganz feinen dünnem seidenweichen Ventilleder, wodurch sie geräuschlos laufen. Wie sich dies für die Dauer bewährt, ist natrl. abzuwarten. Es wird ja nur für Vorführungszwecke benutzt, also wenig gespielt. Das Leder entnahmen wir einem alten Selbstspielpiano!! Alles kann man wieder einmal brauchen! Nochmals grüssend // D.O.

Morgen fahren wir nach Erlangen und legen diesem Briefe die Skizze der [N]otenpultführung am Walter-Kurland-Flügel gleich bei."

Absender/Urheber Person
Empfänger Person
Datum
1950,01,05
Schreibort
Nürnberg