NL Rück, I, C-0570m

"Lieber Herr Marx!

Herr Krause wird Ihnen demnächst eine Gitarre mit Zettel "Matthias Hum[m]el", Nürnberg 1698, senden. Diese Gitarre ist leider nicht mehr im originalen Zustand. Der Anhänger für die Saiten ist völlig unsachgemäss erneuert worden und die Gitarre, die ursprünglich 5 Doppelchore hatte, auf 6 Seiten modernisiert. Ich möchte diese Gitarre wieder im alten Zustand haben, also mit 10 Doppelchoren.

Eine Untersuchung des Halses ergab, dass an diesem auf beiden Saiten abgefeilt wurde. Der Hals war ursprünglich breiter, was man an den noch auf der Decke befindlichen hölzernen braunen Bünden erkennen kann, deren Breite die ursprüngliche Halsbreite wiedergibt. Auf der Decke sieht man noch die Spuren des alten historischen Querriegels zum Befestigen der Saiten. Die Wirbelschaufel ist zweifellos entweder später gemacht worden oder erneuert worden, umsomehr sie mit einem Holzstift im Hals befestigt ist. Wenn Sie den schwarzen Lack der Wirbelschaufel entfernen, kommen Sie vielleicht hinter das Geheimnis.

Leider gibt es für diese Gitarre keinerlei historisches Vorbild. Eine war in der Sammlung Hammer, Stockholm, deren Versteigerungskatalog ich mir aus Stockholm kommen liess: aber auch diese Hummel-Gitarre war bereits sechs-saitig umgearbeitet gewesen, noch dazu mit einer violinartigen Schnecke: vielleicht war es ursprünglich eine Quinterne. Aber niemand weiss, wohin das Instrument kam. Die ganze Sammlung Hammer wurde ja in Köln versteigert und aus dem Katalog fand ich manche Bekannte der Heyer-Sammlung. Darunter auch ein Instrument, das mir Kinsky vor Jahren verkaufte.

Der hiesige Innungsmeister, Geigenbaumeister Lang, kennt die Hummel-Instrumente als Violinen und hält den Korpus für echt, da der Lack genau dem Lack der Hummel-Violinen entspricht. Falls Sie die Decke abnehmen, was ich annehmen, bitte ich Sie, den sehr schönen Zettel zu fotografieren.

Zum Ansetzen an Hals und an die Wirbelschaufel werden Sie vermutlich Ahornholz brauchen. Ich bitte Sie, mir dann anzugeben, was Sie davon benötigen, damit ich Ihnen dies zuwenden kann. Mir liegt an dem Instrument insoferne viel, als es wahrscheinlich heute die älteste nachweisbare deutsche Gitarre ist.

Dem Messingdraht wie gewünscht finden Sie beiliegend. Dem Kistchen wird einige nahrhafte Ueberraschung beigepackt.

Inzwischen alles Gute und herzliche Grüsse // von Ihrem".

Absender/Urheber Person
Empfänger Person
Datum
1950,07,19
Schreibort
Nürnberg