"Lieber Herr Doktor!
Freundlichen Dank für Ihre Karte vom 29. Oktober ds. Js. Ihren Brief nach Bad Gastein erhielten wir und einigten uns mit [Barmen, Rud.] Ibach auf Mk. 325.-. Wir wollten nicht das Äusserste herausholen, weil wir mit [Albert Rudolf] Ibach persönlich befreundet sind. Wir sind erst seit 2 Tagen wieder zurück, weil mein Bruder [Hans Rück] unterwegs erkrankte, doch geht es ihm jetzt wieder ordentlich.
In unserer Sammlung [Rück] ist vom Leipziger Meister Joh. Christian Hoffmann vorhanden: 1 Theorbe mit Original-Zettel 1743 [MIR904] und je eine kleine Oktav-Laute oder Diskant-Laute [MIR876], deren Foto ich Ihnen seinerzeit mit den Ischler-Abbildungen sandte von 1745. Falls Sie Fotos der Instrumente wünschen oder höhere Beschreibungen mit Maßen, steht dies zu Ihrer Verfügung.
Zur Trompetensendung komme ich erst nächste Woche, da ich vorerst dringende Geschäftsarbeiten aufarbeiten muss. Das Werk von van der Straeten [1933] monierte ich mit gleicher Post bei Hug [& Co., Zürich].
In Florenz sah ich eine Art serbisch-montenegrinische Lirica mit 3 Saiten, ferner ein Rebec der gleichen Art wie Heyer [Museum für Musikinstrumente der Universität Leipzig] Nr. 710 und mahagoni-ähnlichen, fast Zigarren-Kistchen-Holz ähnlichen Holzes gearbeitet, die Decke mit primitiv geschnitzten F-Löchern versehen. Decke und Griffbrett sind mit kunstlosen, farbigen Ornamenten geschmückt und auf dem Saitenhalter noch einzelne Brandmalerei-Punkte. Ich bin mir nicht klar, ob nicht sowohl dieses Instrument wie Heyer 710 und 711 Fälschungen von Leopoldo Franciolini sind. Bitte sehen Sie unter Ihrem Notizen einmal nach, woher die Instrumente 710, 7111 [recte 711] und offenbar auch 713 stammen. Das von mir gesehene Instrument ist ebenfalls in Florenz befindlich, sodass der Verdacht naheliegt, dass es aus der gleichen Fabrik stammen könnte, in der vor Jahrzehnten 710 und 711 hergestellt wurden - vorausgesetzt, dass meine Vermutung richtig ist. Es wäre natürlich auch möglich, dass es sich um primitiv gearbeitete Volks-Instrumente handelt. Ich habe von einem Ankauf vorerst abgesehen, da ich erst Ihren Bericht abwarten möchte.
Was kann man für dieses Rebec geben und was für die Lirica? Bei der Lirica fehlt der Bogen und der Steg. Sie hat halbkreisförmige Schallöcher und entspricht im übrigen der Beschreibung in Sachs Real-Lexikon [1913]. Sonderbarerweise hat sie auf der kreisförmigen Wirbelplatte darüber eine ursprünglich gearbeitete Schnecke: Offenbar schon ein Eindringen west-europäischer Instrumentenbau-Ideen in den östlichen, ursprünglichen Kreis, oder sind solche Schnecken daran häufiger?
Sonst erwarben wir eine Mailänder Mandoline, 12-saitig, mit nach rückwärts stehenden Wirbeln, wie bei der typischen Mandalone eine ähnliche Wirbelschaufel, sowie eine Art Diskantlaute mit 5 x 2 plus 1 Saite. Beide Instrumente noch ganz original. Ferner ein alt-persisches Bronce-Horn, eine englische Schnabelflöte 1820 und eine ganz sonderbare Oboe ohne Klappen, die wir im unteren Teile noch nicht für echt ansprechen möchten: Im oberen Teil ist das dritte Loch gedoppelt, im unteren das sechste. Dabei hat sie einen Liebesbecher und keinerlei Klappen.
Mit Spinetten sieht es sehr selten aus unten. Wir haben in Aussicht eines von Giusti - Livorno 1657 und von Baffi - Venedig 1574. Das Giusti ist insoferne [sic] interessant, als es ein eingebautes Travers-Spinett ist, während das Baffi in einem Kasten steht.
Mit freundlichen Grüssen // Ihr ergebener
N.S. Bitte beschaffen Sie mir wenn möglich von der Lengfeldschen Buchhandlung antiquarisch, möglichst broschürt, notfalls gebunden,
Curt Sachs [1930]: Handbuch der Musikinstrumentenkunde, neueste Auflage, Leipzig Breitkopf.
D.O."