"Sehr geehrter Herr Dr. Rück,
Heute erhielt ich Ihren w. Brief v. 9., den ich sofort beantworten will.
Da sich ja lediglich an Hand von Photographien nie feststellen lässt, was Original und was Ergänzung ist, sind Fehlschätzungen mitunter unvermeidbar!
1) Sollte Hutter die Theorbe von Greiff [MIR901] für 100 Mark hergeben, so wäre dies, trotzdem nach Ihrer Untersuchung nur die Muschel echt ist, ein sehr billiger Preis. Da Ihnen aber noch andere Theorben angeboten worden sind, wäre es zu empfehlen, eine Entscheidung noch hinauszuschieben und sich erst über Preise und Erhaltungszustand der anderen Theorben zu unterrichten.
2) Ihre Schätzung der Knickhalslaute [Kaiser] von 200-250 M weicht nur um etwa 50 M von der meinigen ab. Sehr verlockend ist aber das Instrument m. E. nicht.
3) Da es eine Arbeit von Hoffmann-Leipzig ist und der Typ der sog. Mailänder Mandoline in Deutschland ungebräuchlich war, bin ich doch der Ansicht, dass es eine 'Oktavlaute' ist, wofür auch die Anordnung des Bezuges und das Fehlen von festen Bünden spricht. Jedenfalls sollten Sie sich diese Seltenheit nicht entgehen lassen!
8) Vinaccia-Mandolinen haben nicht nur Sammelwert, sondern sind auch von Spielern sehr gesucht, für die Vinaccia sozusagen der Stradivari der Mandoline ist. Der frühere Durchschnittspreis war 150 M; wegen der erforderlichen Reparatur sind aber in diesem Falle [Mandoline Vinaccia, evtl. MIR887] auch 100 M genügend.
Was die Orgel [MIR1023] von Wennerscheid [Antiquariat in Berlin und Bonn] anbelangt, so glaube ich mich zu entsinnen, das Instrument bei meinem letzten Besuche in Berlin Ende Dezember 1932 bei ihm gesehen zu haben. In Anbetracht der noch erforderlichen hohen Reparaturkosten halte ich Ihr Gebot von 350 M für durchaus angemessen, zumal ja die anfängliche Forderung nur 30 M mehr war. Den Briefwechsel behalte ich einstweilen hier, falls W. wegen einer Schätzung sich an mich wenden sollte.
Der Titel des angefragten Buches von A. Schering lautet: 'Aufführungspraxis alter Musik' (Leipzig 1931, Verlag von Quelle & Meyer. Preis: M 5,50.)"
Unsere Abrechnung stellt sich wie folgt:
22.I. Auskünfte // 4.-
5.II. Bach-Porträt // 10.-
12.III. Auskünfte // 12.-
Verschiedene Porto-Auslagen // 1.25
[Summe] // 27.25
19.I. Erhalten (bar) // 20.-
Mein Guthaben // 7.25
Mit der Bitte um frdl. Ueberweisung dieses Betrages und besten Grüssen auch an Herrn Hans Rück // Ihr sehr ergebener // [handschriftlich] Dr. G. Kinsky
Nachschrift.
Bei Durchsicht des Briefwechsels mit Herrn [Adolf] Hartmann finde ich auch das Angebot eines Stein'schen Tafelklaviers. Hierbei ist aber zu berücksichtigen, dass der Erbauer nicht der berühmte Johann Andreas Stein in Augsburg, sondern dessen (1794 nach Wien übersiedelter) Sohn (Matthäus) Andreas ist, der jüngere Bruder der Nannette Streicher. Er lebte von 1776-1842 und arbeitete seit 1802 selbständig. Das betrff. Klavier dürfte nach der Ausstattung aus der Zeit um 1820 stammen, also etwa ein Vierteljahrhundert nach Mozarts Tode gebaut worden sein.
Ueber die Instrumente von [M. J.] Goldschmidt in Hamburg (Glasharmonika [Pohl], Tieffenbrucker-Vuillaume-Geige usw.) haben wie [sic] bereits im Herbst 1931 korrespondiert, leider ohne Ergebnis. // D. O.