NL Rück, I, C-0444e

Beilage zu Brief von Georg Kinsky an die Gebrüder Rück vom 23. April 1935. Nach eigener Angabe ein von Kinsky 1926 korrigiertes Verzeichnis einer nicht näher benannten Wiener Sammlung "die damals dem Heyer-Museum [Köln] angeboten worden war."

 

"Verzeichnis einer kleinen Wiener Sammlung // alter Musikinstrumente.

I. Zupfinstrumente.

1) Chor-Laute [MIR898] mit gedruckt. Zettel: 'Joannes Blasius Weigert, Lauten- und Geigenmacher in Linz, Anno ...' (um 1730). Neunspähniges Korpus (etwas gesprungen), umgelegter Kragen, Wirbelkasten reich geschnitzt, durchbrochene Schallochrose. Bezug zehnchörig (19 Saiten).

// Nach Lütgendorff [1922] ist W. 1717-55 nachweisbar. 'Es war ein fleissiger und vielbeschäftigter Meister, von dem sich viele Liebesgeigen erhalten haben.[']

2) Theorbe [MIR903] mit Zettel: 'Leopold Widhalm, Lauten- und Geigenmacher in Nürnberg fec. 1755' (nebst Reparatur-Zettel von Matth. Ignaz Brandstätter, Wien 1826). Neunspähniges grosses Korpus mit Elfenbeinadern, die beiden Wirbelkästen reich geschnitzt, Griffbrett mit ornamentierten Beineinlagen, durchbrochene (etwas beschädigte) Schallochrose. Bezug: 14 Spiel- und 10 Begleitsaiten.

// Widhalm (1722-76) ist der berühmteste Nürnberger Geigenmacher des 18. Jhdts. 'Er war ein vielseitiger Meister und hat weit über Nürnberg hinausgehenden Ruf.' (Lütgendorff.)

3) Gitarre, Venezianer Arbeit a.d.17. Jahrhdt., lt. gravierter Inschrift auf der Elfenbeinplatte des Wirbelbretts von 'Domenico Sellas, alla Corona, Venezia' verfertigt. Museumsstück ersten Ranges! Korpus aus Schlangenholz mit Elfenbeinadern, die Rückseite des Halses und des Wirbelbretts mit Elfenbeineinlagen (Rankenornamenten) im Renaissance-Stil verziert. Die ganze Vorderseite ebenfalls reich eingelegt: gravierte Elfenbeinplatten auf Wirbel- und Griffbrett, durchbrochene Schallochrose mit kunstvoller Einfassung, Saitenhalter mit ornamentaler Auflage u.s.w. Bezug: zehnsaitig (5 Doppelchöre).

// Von der hervorragenden venezianischen Lautenmacherfamilie Sallas waren bisher nur Matteo (Ladenschild: 'alla Corona') und Giorgio ('alla Stella') bekannt. Da Domenico dasselbe Ladenschildwie Matteo führte, ist anzunehmen, dass Domenico der Sohn und Nachfolger Matteos war. Nach vorlieg. Gitarre zu urteilen, sind beide in ihrer Arbeit gleichwertig. (Lütgendorff sagt von Matteo S.: 'Der bedeutendste venez. Lautenmacher neben Magnus Tieffenbrucker, der vielleicht sein Lehrer war. Von ihm haben sich noch viele treffliche Arbeiten erhalten.')

4) Chitarra battente (Schlaggitarre), ital. Arbeit a.d. 17. oder 18. Jahrhdt. Stark gebauchtes (etwas eingedrücktes) Korpus, Griffbrett und Decke mit Perlmutter und Bein eingelegt und z.T. in Schwarz-rot bemalt. Decke im unteren Teil - unterhalb des Saitenhalters - mandolinenartig abgedacht. Bezug: zehnsaitig (5 Doppelchöre.)

5) Gitarre, österreich. Arbeit um 1800 (Dedikationsstück des Joh. Georg Leeb an Jonas v. Kettner). Reich ausgestattetes Instrument aus Ebenholz mit Perlmuttereinlagen. Hübsche vertiefte Schallochrose (Sonne) mit Perlmutter-Umsäumung. Unter dem Saitenhalter ornamentierte Ebeholzauflage.

// Joh. Georg Leeb (Sohn) in Pressburg, geb. 1779, gest. 1817, ist nach Lütgendorff) sonst nur als fleissiger und geschickter Geigenmacher bekannt.

6) Gitarre mit Zettel von Anton Mittheis, 'Schüler von Stauffer' (Wien u. Leitmeritz; M. lebte von etwa 1790-1871). Mit eigenartig lyraförmigem, doppelt geschweiftem Korpus; statt des Mittelschallochs zwei seitliche dreieckige Schallochöffnungen im oberen Teile der Decke. Schneckenförmiges Wirbelbrett. Bezug: sechssaitig.

7) Mailänder Mandoline mit schlankem melonenförmigem Korpus; Hals mit Beinadern umsäumt, Saitenhalter ornamentiert, durchbrochene Schallochrose, Volutenschnecke. Bezug achtsaitig. Länge 50 cm. - Mit Originalfutteral.

8) Neapolit. Mandoline mit Zettel v. Antonio Vinaccia, Neapel 1763. Prächtiges Instrument; vielspähniges Korpus aus Palisander mit Elfenbeinadern, auf der Vorderseite (Decke, Griff- u. Wirbelbrett) mit Perlmutter und Schildpatt reich eingelegt. Bezug: achtsaitig (4 Doppelchöre).

// Antonio Vinaccia, der zwischen 1760 u. 1790 wirkte, ist das bedeutendste Mitglied der Familie V.; in der meisterhaften Ausstattung seiner Mandolinen ist er unerreicht.

9) Kleine Mandoline in Form einer Pochette. (Italien, 18. Jahrhdt.). Korpus aus Ebenholz mit hübschen Bein-Einlagen, Griffbrett ornamentiert. (Köpfchen fehlt). Bezug: achtsaitig (4 Doppelchöre).

// (Vgl. Nr. 648 des Heyer-Museums in Köln [heute Museum für Musikinstrumente der Universität Leipzig]; Kat. Bd. II [Kinsky 1912] S. 216.)

10) Kleine Hakenharfe (Schossharfe), Wiener Arbeit der Empirezeit. Ziemlich breites Korpus mit 4 Schallöchern, Vorderrstange und Hals mit hübschen Bronze-Ornamenten. Bezug: 24saitig (mit 8 Haken zum Umstimmen um einen Halbton). Höhe 60 cm.

 

II. Streichinstrumente.

11) Trumscheit (Nonnengeige oder Marintrompete) a.d.17. oder Anfang d. 18. Jhdts. Seltenes Museumsstück! Siebenkantiges Korpus mit offenem Boden; mit Schraubenvorrichtung zum Stimmen der einzigen Saite. Höhe: 1,93 m.

12) Viola da gamba [MIR787], ital. Arbeit, vielleicht noch aus dem 16. Jahrhdt. (mit (anfechtbarem!) Zettel von Gasparo da Salò, Brescia 1555. Fidel- (oder guitarren)artiges Korpus früher Form mit Einlagen von verschiedenfarbigen Hölzern auf Griffbrett, Saitenhalter und Boden. Primitive f-Löcher ohne Mitteleinschnitte. Schnecke. Bezug sechssaitig. Höhe 1,02 m. - Ausgezeichnet erhalten!

// Gamben von ähnlich altertümlicher Form, die ebenfalls als Arbeiten von Gasparo da Salò gelten, sind im Besitze des Wiener Kunsthist. Museums (Nr. 73/74; s. Kat. v. Julius Schlosser [1920] S. 63 u. Tafel XVII).

13) Viola da gamba (grosse Tenor-Gambe) a.d.17. Jahrhdt. (Lack stark nachgedunkelt). Mit hübsch geschnitztem Engelskopf, zwei C-Löchern und durchbrochener Schallochrose. Bezug sechssaitig. - Vorzüglich erhalten und völlig im Originalzustand! Höhe 1,30 m.

14) Baryton oder Viola da bardone vermutlich von Daniel Achat. Stadlmann, Wien (um 1680-1744). In der typischen gambenähnlichen Baryton-Form mit hübsch geschnitzem Frauenköpfchen, vier C-ähnlichen Schallöchern und einem runden geschnitzten Schalloch mit Figur und Stern. Bezug: 7 Griffbrett- und 19 darunterliegende metallene Begleitsaiten. Höhe 1,15 m. - Von denkbar bester Erhaltung und noch völlig im Originalzustand!

// (In Kinskys Heyer-Katalog Bd. II S. 501/02 ist ein Verzeichnis aller in Museums- und Privatbesitz noch erhaltener Barytons zu finden.)

15) Alt-Viola mit Zettel 'Jakob Weiss, Lauten- und Geigenmacher in Salzburg, 1783' (?). In Form der Viola d'amore; wahrscheinlich aus einer Liebesgeige zu einer Bratsche umgearbeitet. Mit geschnitztem Engelsköpfchen, Schallöchern in Flammenschwertform (sog. 'Seitenpunktlöcher'!). (Zargen etwas beschädigt). Bezug jetzt viersaitig.

// Nach Lütgendorff war Weiss 'ein fleissiger und geschickter Meister', von dem Violen und Lauten ziemlich häufig vorkommen. 'Seine Arbeit ist sorgfältig und der Lack gut.'

16) Pochette (Tanzmeistergeige) von langgestreckter, schmaler, unten spitz zulaufender Form mit hübschen Ornamentschnitzereien auf der Rückseite. An Stelle der Schnecke ein Tierkopf. Bezug viersaitig.

17) Pochette mit schmalen fünfkantigem Korpus; mit reichen Elfenbeineinlagen und Schnitzereien - besonders auf dem Griffbrett - hübsch verziertes Instrument. Löwenköpfchen an Stelle der Schnecke. Zwei Schalllöcher in Flammenschwertform. Bezug viersaitig.

18) Pochette in Violinform (Mitte 18. Jahrhdt.) mit einem zweiten Boden, der als Schubfach für den Bogen und einen (nicht mehr vorhandenen) Papierfächer dient. (Steg des Instruments fehlt).

// Ein ähnliches Stück im Heyer-Museum zu Köln (Nr. 749 [heute Museum für Musikinstrumente der Universität Leipzig].)

19) Pochette d'amour mit der Signatur A.F. Anno Do. 16..(?) u. Reparaturzettel a.d. 19. Jahrhdt. Grosses schmales Korpus mit hübschen Schnitzereien auf der Rückseite. Zwei primitive F-Löcher ohne Mitteleinschnitte. Ornamentierter Kopf. Bezug: achtsaitig (4 Spiel- u. 4 Resonanzsaiten). Länge 65 cm.

 

III.

20) Orphica [MIR1178] (tragbares Umhängeklavier, Erfindung von C. L. Röllig, Wien 1795). Hammermechanik (sog. Wiener Mechanik), Klaviatur parallel zu den Saiten liegend. Umfang: 3 Oktaven, Elfenbein- und Ebenholztasten (einige Tasten fehlen). Mit seidenem Tragband und dazu gehörigem Kasten. Länge 1,25 cm.

// Vgl. über die 'Orphica' die Angaben in Kinskys Heyer-Katalog Bd. I [1910], S. 168/69."

Absender/Urheber Person
Datum
1926
Schreibort
Köln
Erwähnte Objekte
Laute, 11-chörig
Zupfinstrumente
erwähnt als
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Provenienz
Laute, 11-chörig (Deutsche Theorbe)
Zupfinstrumente
erwähnt als
Detailinformation(en)
Provenienz
Viola da Gamba (Tenorlage)
Streichinstrumente
erwähnt als
Detailinformation(en)
Provenienz
Hakenharfe
Zupfinstrumente
erwähnt als
Detailinformation(en)
Provenienz
erwähnte Institutionen
erwähnt im Zusammenhang
Sammlungsbestand
erwähnt im Zusammenhang
Vergleichsobjekt(e)
Literaturreferenz
Lütgendorff 1922a
Lütgendorff 1922b
Kinsky 1910
Kinsky 1912
Schlosser 1920