"Sehr geehrter Herr Dr. Rück,
Es interessierte mich sehr, dass zwei Lauteninstrunente [MIR904 und MIR876] von Joh. Chr. Hoffmann in Ihrer Sammlung vertreten sind. Ich habe über diesen Leipziger Meister einen Aufsatz für die 'Zeitschrift für Instrumentenbau' geschrieben - daher meine Anfrage, damit es mir nicht wieder so ergeht wie mit dem Walter-Flügel [MIR1099] bei dem Mozart-Aufsatz [Kinsky 1934]! Die Hinweise auf Ihre H[offman].'sche Theorbe und die kleine Laute will ich bei der Korrektur noch einfügen und möchte Sie zu diesem Zwecke bitten, mir von letzterem Instrument frdl. ein Foto zu übersenden. Ihre zwei Instrumente sind übrigens die spätesten datierten Stücke des 1750 gestorbenen Meisters; chronologisch folgen sie auf die Heyer-Instrumente [Museum für Musikinstrumente der Universität Leipzig] Nr. 795 (1738) u. 919 (1741).
Bei den Florentiner Rebecs [MIR1315] an Fabrikate aus Franciolinis Werkstatt zu denken, halte ich deshalb für abwegig, weil sich dieser primitiven und in Italien garnicht so besonders seltenen Instrumente wirklich nicht gelohnt hätten. Nach den anbei zurückfolgenden Fotos würde ich die Exemplare für echt halten. Zudem stammen fast alle Heyer'schen Rebecs [Museum für Musikinstrumente der Universität Leipzig] 710-715 aus dem Museo Kraus in Florenz, in dem kaum ein gefälschtes oder verdächtiges Stück enthalten war. (Nur Nr. 712 kam aus de Wits Sammlung; es ist Nr. 307 in seinem Katalog v. J. 1904.) - Grade bei den Rebecs die ja keine Kunst-, sondern Volksinstrumente waren, kommen mancherlei Uebergangsformen und Berührungen mit westeuropäischen Einflüssen vor; allgemein gültige Regeln lassen sich da nicht aufstellen. Die Bezeichnung 'Lirica' ist mir unbekannt; auch bei Sachs [1913] konnte ich diesen Namen nicht ermitteln. - Schätzungspreis: durchschnittlich pro Stück 50 M, ausnahmsweise auch zu 75 M. Die Bogen pflegen meistenteils zu fehlen.
Von Ihren Neuerwerbungen habe ich gern Notiz genommen. Die klappenlose Oboe kommt mir einstweilen etwas fragwürdig vor.
Bei den Signaturen der italienischen Spinette, von denen Sie mir schreiben, ist grosse Vorsicht geboten! Auch bei Franciolini-lnstrumenten, wenn sie an sich echt waren, ist Inschrift und Jahreszahl sehr häufig gefälscht. Fast alle Baffo-Signaturen sind nicht authentisch, und ebenso ist bei dem Namen Giusti, der übrigens in Lucca, nicht in Livorno ansässig war, eine genaue Nachprüfung erforderlich. (Gilt auch für Berlin [Musikinstrumenten-Museum] Nr. 317.) Ein Cembalo v. 1667 [Halle, MS-67] besitzt Neupert, ein anderes v. 1693 ist in Ann Arbor (Nr. 1332). Letzteres konnte ich aus einem alten Franciolini-Katalog feststellen, in dem auch ein Cembalo v. 1677 und ein Spinett v. 1679 verzeichnet sind.
Das Handbuch von Sachs in der 2. Auflage (1930) ist antiquarisch bei Lengfeld['sche Buchhandlung] z. Zt. leider nicht vorrätig. Falls Sie ein neues Exemplar (brosch.: 12 M) wünschen, bitte um nochmaligen Bescheid.
Mit freundlichen Grüssen // Ihr stets ergebener // [handschriftlich] Dr. G. Kinsky".