"Liebe Herren Rück,
Besten Dank für Ihren w. Brief v. 14. und für die aus Nürnberg erfolgte Ueberweisung der 20 M! - Aus meinen früheren Erfahrungen weiss ich, dass Nähtischklaviere verhältnismässig höher als 'reguläre' Klaviere bewertet wurden, da als Interessenten für dieselben auch Antiquitätenhändler und Möbelsammler in Betracht kamen, die derartige Stücke zur Ausstattung stilechter Biedermeierzimmer ständig suchten und dementsprechend bezahlten (Daher wohl auch Ibachs hoher Einkaufspreis!) Jetzt ist wohl aber auch hier die Nachfrage zurückgegangen, und das würde natürlich auch ein geringeres Gebot rechtfertigen, weshalb ich einen Ankaufspreis [für Nähtischklavier MIR1223] von ca. 200 M vorschlagen könnte.
Die mir mitgeteilten Preise für die Flügel von Walter [MIR1099], Gräbner [MIR1106], Graf [MIR1119] und [Matthäus Andreas] Stein [evtl. MIR1110] finde ich sehr vorteilhaft, und Sie haben ohne Frage die jetzige 'Baisse' auf diesem Gebiete gut ausgenutzt! Nur die Barockorgel [MIR1023] von Wennerscheid [Antiquariat] macht hier m. E. eine Ausnahme.
Eine Gambe des Augsburger Meisters Bosshardt [Boshard MIR791] war mir bisher nicht bekannt. Ich kannte von ihm nur [Fritz] Wildhagens schöne Chitarrone v. J. 1629 (jetzt in der Sammlung Claudius in Kopenhagen).
Das englische Werk 'The history of the Violin' von van der Straeten [1933] haben Hugs [Hug & Co, Zürich] leider nicht behalten, sondern an Ihr w. Haus [Pianohaus Rück] zurückgehen lassen. Vielleicht haben Sie die Freundlichkeit zu veranlassen, dass es in meinem Auftrage an die Lengfeld'sche Buchhandlung in Köln (Zeppelinstr. 9) geschickt wird, die es in ihren Herbstkatalog aufnehmen will.
Recht sehr bedauere ich es, in meinem Mozart-Aufsatz [Kinsky 1934] Ihren Walter-Flügel [MIR1099] nicht erwähnt zu haben; leider hatte ich es übersehen, eine entsprechende Notiz auf dem Karteizettel einzutragen. Auch bin ich ja in vielen Fällen nicht unterrichtet, ob Ihre Ankaufsverhandlungen auch zu einem Abschluss führen. - Bei dem Umfang Ihrer Sammlung [Rück] wäre es übrigens wirklich an der Zeit, an die Herausgabe eines kleinen Katalogs zu denken, der auch als 'Führer' durch Ihr Museum gute Dienste leisten würde. [Zwei Entwürfe eines Führers von Kinsky von 1935 sind im NL Rück unter I, B-003a erhalten.] Dass ich zur Uebernahme dieser anziehenden Aufgabe sehr gern bereit wäre, ist Ihnen wohl bekannt - um so mehr, als meine wirtschaftliche Lage jetzt ihren Tiefststand erreicht hat ... Für den Mozart-Aufsatz, der doch allerlei zeitraubende Vorstudien erfordert hat, habe ich von der Zeitschrift für Instrumentenbau ganze 22.50 M Honorar bezogen, und die Vergütungen anderer Blätter sind auch kaum höher, so dass es beim besten Willen unmöglich ist, von den Erträgnissen seiner Feder sein Leben zu fristen.
Mit besten Erholungswünschen und freundlichen Grüssen // Ihr sehr ergebener // [handschriftlich] Dr. G. Kinsky".