"Sehr geehrter Herr Doktor!
Wir behalten das Bach-Bild. Was nun Ihre Schätzung der Instrumente der Sammlung Hutter [Bad Ischl] anlangt vom 1. Januar ds. Js. so dürften doch die darin eingesetzten Werte teilweise zu hoch sein. Ich habe in der Heyer-Sammlung in Leipzig [Museum für Musikinstrumente der Universität] die Fotographien nochmals genauestens mit dem dort befindlichen Material verglichen und dabei hat sich folgendes herausgestellt:
1. Theorbe von Greif [MIR901]: An dieser Theorbe ist der Hals schwächer gemacht worden. Wie ich bereits ursprünglich schrieb, ist der Wirbelkasten innen in der Höhlung grob gearbeitet. Umgekehrt ist aber der Korpus des Instrumentes eine feine Arbeit, sodass daraus zwingend hervorgeht, dass der Wirbelkasten neu und der Hals vermurkst ist. Meines Erachtens ist unter diesen Umständen echt nur die Muschel und es dürfte hier ein Preis von etwa Mk. 100.- vollkommen genügend sein. Im übrigen sind von alten Theorben momentan eine ganze Anzahl auf dem Markt. Ich sah zwei Stück in Leipzig, angeblich Hofmann-Arbeiten, ein weiteres Stück wurde mir aus Wien angeboten, das ich aber erst persönlich sehen muss, um dazu Stellung zu nehmen.
2. Knickhals-Laute [Kaiser]. Für dieses Instrument dürften etwa Mk. 200.- bis Mk. 250.- genügend sein, denn auch hier ist der Hals nachträglich schmäler gemacht worden und die Chor-Zahl stark vermindert, was einen neuen Querriegel unter bedingt. Also auch diese Instrument braucht eine Reparatur.
Zu Nr. 3 [MIR876]. Hier hat ein Vergleich der Masse mit den Original-Instrumenten ergeben, dass es sehr schwer ist, wirklich mit Sicherheit beurteilen zu können, ob es sich um eine Oktav-Laute, oder um eine Mailänder Mandoline handelt. Ich habe in mühevoller Arbeit die passenden Instrumente [Museum für Musikinstrumente der Universität Leipzig] ausgesucht und folgendes konstatiert: Nr. 520 hat 3 Doppelsaiten und eine einfache Chanürelle. Nr. 519 ähnelt in den Massen ziemlich stark dieser Nr. 3. Die Deckenlänge bei Nr. 519 ist 26 cm, die Breite 14,7 cm. Die Halsbreite 4,8 cm - 5,8cm, Muschelhöhe 8,5 cm. Das Instrument hat Bein-Bünde, 10 Stück. Für ein Mandürchen sprechen die ungefähren Masse, für eine kleine Laute spricht der Bezug: 5 x 2 plus 1 Saite. Gegen eine Laute spricht die Jahreszahl 1745. Ist es nun eine Mailänder Mandoline mit abweichendem Saitenbezug (wie Nr. 520) oder wirklich eine kleine Laute? Zum Vergleich müsste insbesondere noch Nr. 650 dienen, deren Masse folgende sind: Totallänge 55 cm, Deckenlänge 25 cm, Deckenbreite 19 cm. Muschel 8,7 cm tief, Griffbrettbreite 5-6 cm. Die Masse von Nr. 650 sind frappant ähnlich. Der Bezug ist bei Nr. 650 entgegen der Katalog-Angabe 6 doppelte Darm-Saiten. Was ist nun Instrument Nr. 3?
Die Schätzungen für Nr. 4. [Viola d'amore] u. 5. [MIR861] sind für mich nicht sehr wichtig, da ich die Instrumente nicht erwerbe. Nr. 6 hat sich als spanische Guitarre entpuppt beim Vergleich und zwar umgearbeitet nachträglich in eine normale Guitarre. Es entsprichtinden [sic] Massen ziemlich genau der Nr. 592. Nr. 7 [Mandolone] und 8 [Mandoline Vinaccia, evtl. MIR887] kommen für mich auch nicht in Frage. Für die Mandoline Nr. 8 hielte ich einen Preis von Mk. 100.- etwa genügend, da das Instrument rückwärts an der Muschel eine Bruchstelle hat am Halsklotz, der das Griffbrett festhält. Solche Risse sind bekanntlich sehr schwer zu reparieren.
Z. Zt. verhandle ich mit Wennerscheid-Berlin wegen einer alten Orgel [MIR1023] und lege Ihnen das bisherige Material bei. Ich habe Wennerscheid ein Angebot von Mk. 350.- gennant. Frau [Lola] Wennerscheid wollte ursprünglich Mk. 380.- und Herr [Willi] Wennerscheid will nunmehr wieder Mk. 450.-. Ich habe Wennerscheid empfohlen, Ihre Schätzung einzuholen. Nach fachmännischem Gutachten des Herrn [Adolf] Hartmann-Berlin kostet die Orgel an Reparaturkosten etwa Mk. 220.-, das Äussere zum Herstellen wird mindestens Mk. 100.- kosten, denn der daraufgeschmierte Lack muss vollkommen abgebeizt werden, das Gehäuse im Untersatz nach Muster [Berlin, Kat. Nr. 0299] der Berliner Sammlung [Musikinstrumenten-Museum] bemalt werden und die 4 Füllungen echt vergoldet. Hierfür sind Mk. 100.- noch sehr wenig. Falls Wennerscheid bei Ihnen anfrägt, bitte ich Sie den Brief zu beantworten.
Sonst liegen Angebote nicht vor. Wir werden in den nächsten Monaten auch wohl kaum solche bearbeiten lassen können, da wir unaufschiebbare dringliche Bauarbeiten im Hause haben, die unsere freien Mittel für die nächsten Monate vollkommen absorbieren, sodass eine gewisse Pause eintreten wird. Leider geht das Geschäft immer noch sehr ruhig und ich fürchte, dass ich bei der Umstellung unserer Buchführung, die wir jetzt beginnen, finden werde, dass wir froh sein müssen, wenn wir nur die Spesen verdienen.
Ist Ihnen ein Buch bekannt von Schering: 'Aufführungs-Praxis barocker Musik-Werke.' [Recte: Aufführungspraxis alter Musik, 1931]?
Mit freundlichen Grüssen // Ihr ergebener".