"Liebe Herren Rück,
Von meiner Leipziger Reise bin ich jetzt wieder heimgekehrt. Ich habe dort u.a. die Bach-Ausstellung im Schlößchen zu Gohlis besucht und auch ein stilles Wiedersehen mit der Heyer'schen Sammlung in ihrem jetzigen Heim [Museum für Musikinstrumente der Universität Leipzig] gefeiert. - Für Ihren hier vorgefundenen Brief v. 3. danke ich Ihnen bestens. Mit dem Besitzer des Pergamentblatts werde ich mich schon einigen können, so dass durch die mir frdl. übersandten 100 M unser Konto nunmehr beglichen ist.
Es tut mir - auch in meinem Interesse! - aufrichtig leid, dass Sie die traurige Geschäftslage zu grossen Einschränkungen zwingt. Ueberall hört man das gleiche, leider nur zu berechtigte Klagelied über den unaufhaltsamen Rückgang unserer Kultur und ernsthaften Musikpflegemit allen ihren Folgeerscheinungen ...
Wie schon in Nürnberg kurz besprochen, könnte ich Ihnen noch liefern bezw. beschaffen:
1) 10 Erstausgaben resp. Frühdrucke von Klavierwerken Haydns, Mozarts, Beethovens, Webers, Schuberts, Schumanns, Chopins und Liszts (zum Auflegen auf die Klaviere),
2) Gute moderne Abschriften von Sonaten von Friedrich Wilhelm Rust (1739 - 1796) für Viola d'amore, Clavichord und Nagelgeige. Die Kompositionten sind smtl. ungedruckt und so gut wie unbekannt; sie sind musikalisch sehr reizvoll und daher für historische Aufführungen bestens geeignet.
3) 6 Hefte mit Uebertragungen für Viole d'amour von Louis van Waefelghem (Pariser Notendrucke): 4 Stücke von Marais, Martini und Milandre (17. u. 18. Jahrhundert) und 2 prächtige, s. Zt. Heyermuseum aufgeführte Arien (Sopran, Viole d'amour und Cembalo) von Scarlatti (1680) und Ariosti (1690).
Ferner: 4) eine schöne ostasiatische Querflöte (China oder Japan) in reichgesticktem Orig.-Seidenüberzug, und 5) ein Porträt des berühmten Klavierbauers John Broadwood im Alter von 80 Jahren - ein prächtiges englisches Schabkunstblatt von 1812. (Gerahmt.) Zu Ausstellungszwecken sehr gut geeignet.
Bitte um frdl. Bescheid, was Sie von diesem Angebot evtl. interessiert; ich teile Ihnen dann Näheres mit und stelle Ihnen eine Ansichtssendung zusammen. Nur schweren Herzens würde ich mich von diesen Sachen trennen - aber meine Notlage erfordert es! // Mit herzlichen Grüssen // [handschriftlich] (auch von meiner Frau [Wilhelmine Kinsky]) // Ihr Dr. G. Kinsky".