NL Rück, I, C-0444e

Ein zugehöriges Brieffragment mit leicht abweichenden Inhalten ist erhalten. Kinsky bezieht sich in seinem Antwortschreiben auf Inhalte des Fragments, woraus zu schließen ist, dass es sich bei dem vorliegenden Brief um einen Entwurf handelt.

 

"Sehr geehrter Herr Doktor!

Vielen Dank für Ihren Brief vom 24. ds. Mts.. Mit Wennerscheid [Antiquariat] habe ich inzwischen nicht mehr verhandelt. Es sind eigentümliche Leute diese Wennerscheids. Man muss sie dunsten lassen, wie der Wiener sagt. Die französische Signatur des Gräbner-Flügels [MIR1106] finden Sie untenstehend [fehlt, evtl. auf dem Original handschriftlich ergänzt]. In meiner Bibliothek sind vorhanden die Kataloge Basel [Nef 1906], Florenz [Bargangna 1911], Mailand [Guarinoni 1909], München [Bierdimpfl 1883] (übrigens heute vollkommen unbrauchbar, weil die Hälfte der Instrumente als Leihgaben zurückgezogen wurden), New York [Metropolitan Museum of Art 1904], nicht besitze ich Paris [Chouquet 1884] und von nordischen Katalogen besitze ich Hammerich [1911] und einen neuen Kopenhagener [Claudius 1931], also wahrscheinlich auch nicht Stockholm [Svanberg 1902]. Falls Sie Paris und Stockholm abzugeben haben, bitte ich um Ansichtssendung.

Die sogenannte Viola pomposa [aus Prag angeboten] wurde nun fachmännisch in Zürich [von Herrn Tenucci von Hug & Co. in Zürich] geprüft und ich erhielt darüber folgenden Pericht [sic].

'Ich halte das Instrument für eine böhmische Arbeit, gebaut um 1780-1800. Nach meiner Meinung ist es eine Viola pomposa. Wie ich Ihnen in einem früheren Schreiben schon mitteilte, varieren [sic] die Grössen dieser Instrumente so stark, weil ausser Bach's nächster Umgebung wohl niemand wusste, wie grosse [sic] diese Viola pomposa gemacht werden sollte. Wir haben mit den Stainergeigen genau das gleiche Verhältnis. Stainer war zu Lebzeiten berühmt für seine Geigen. Man wusste, dass er die Wölbung etwas höher machte, wie hoch aber, das wussten seine Kollegen in andern Städten nicht. Um ihm nachzutun, wurden die Instrumente einfach höher gewölbt, meistens aber höher, als Stainer selbst es tat, und deshalb haben wir die unsinnig hochgewölbten Instrumente erhalten, die tonlich in den meisten Fällen nichts taugen, resp. topfig klingen.

Ich glaube, wir sollten zwei Kategorien machen bei dieser Art von Instrumenten u.z.

1. Kategorie, Instrumente mit C-Löcher (Tenor-, Alt- Diskantgamben und ähnliche Instrumente).

2. Kategorie: alle Instrumente mit F-Löchern.

Auf diese Weise würden wir eher zu einem Resultat kommen. Sie sehen ja selbst, wie unklar die Sache steht; selbst in Museen und Katalogen herrscht Konfusion. Ich würde Ihnen raten, das Instrument, welches uns aus Prag zugeschickt wurde, zu kaufen. Es ist in allen Teilen original und zusammengehörend und zuletzt sehr interessant. Den Zettel, von dem übrigens noch ein kleiner Rest vorhanden ist, kann ich nicht entziffern.'

Aus diesem Gutachten des Herrn Tenucci geht also hervor, dass es sich nicht um eine Hofmann-Arbeit handelt, sondern vermutlich um ein nachgebautes Instrument aus späterer Zeit - vorausgesetzt, dass die Diagnose hinsichtlich der Zeit stimmt. Welchen Wert würden Sie nunmehr dem Instrument bei messen und halten Sie es für erwerbenswert? Die Masse stimmen, wie ich Ihnen bereits schrieb, mit einer Viola da spalla überein, die [Fritz] Wildhagen kürzlich aus dem Nachlass Geigenbauer Kessler gegen ein Bild von ihm eintauschte. Nur ist das Wildhagen'sche Instrument viersaitig, das Prager-Instrument fünfsaitig. Gab es eine fünfsaitige Viola da spalla?

Sie sprachen in Ihren Abhandlungen immer von Violon cello [sic] piccolo fünfsaitig. Nun ist mir eigentlich nur bekannt, dass es viersaitige Celli gab. Ganz neu ist mir, dass es fünfsaitige gegeben hat. Ist dies tatsächlich durch Literaturstellen belegbar? Ebenso scheint mir über den Begriff des Violon cello piccoli [sic] auch noch etwas Durcheinander zu herrschen. Ich sprach kürzlich mit einem Markneukirchner Grosshändler in alten und neuen Geigen. Nach der heutigen Nomenklatur bezeichnet man als Halb-Violon-Celli solche mit einem Korpus von 64-65 cm, also Viertel-Celli solche mit einer Korpuslänge von 60 cm. Nun hatte ich Gelegenheit, bei [Albin] Wilfer ein kleines Cello zu sehen mit Korpuslänge [Leerstelle, wohl im Original handschriftlich ergänzt]. Bei Dr. Vogl in Graz ein Violon-Cello mit Korpuslänge 48,8 cm, mit Zettel Johann Kovac Liebig, Lauten- und Geigenmacher in Schreiberhau 1738 mit folgenden Massen: Korpuslänge. [sic]

Z. Zt habe ich hier ein Cello mit einem falschen Stradivari-Zettel und einem Reparaturzettel von [Leerstelle, wohl im Original handschriftlich ergänzt.]

Ferner sah ich in Wien ein Cello von Martin Stoss in Wien, Korpuslänge 52 1/2 cm. All diese kleinen Celli sind viersaitig. Glauben Sie nicht, dass die echten Violon cello piccoli [sic] eine Korpus-Grösse von 52 cm hatten und dass die in der Heyer-Sammlung [Leipzig, Grassi Museum für Musikinstrumente der Universität] befindlichen Nr. 932, 933 und 934 Viertel-Celli sind? Nr. 935 Heyer hat Korpuslänge 54,8 cm, 932 59,6 cm, 933 59,3 cm 934 58 cm. Das Instrument bei Wilfer [Violoncello piccolo oder Viola pomposa von J. C. Hoffmann] soll nach seinen und Dr. Straubes Urteil bezaubernd schön klingen als Begleitungs-Instrument und Wilfer hält für echte Violon cello-piccoli nur etwa die mit 50 cm Korpuslänge. Wie denken Sie darüber, oder sind diese ganz kleinen Instrumente Kinder-Celli? Mir ist aber auffallend, dass all diese kleinen Celli sehr sorgfältig gearbeitet sind, was bei einem Gebrauch für Kinder eigentlich nicht notwendig gewesen wäre.

Mit freundlichen Grüssen // Ihr ergebener".

Absender/Urheber Person
Empfänger Person
Datum
1934,03,26
Schreibort
Nürnberg
Erwähnte Objekte
Hammerflügel
Tasteninstrumente
erwähnt als
Detailinformation(en)
Viola pomposa
Streichinstrumente
erwähnt als
Detailinformation(en)
Angebotene(s) Musikinstrument(e)
Violoncello piccolo
erwähnt als
Vergleichsobjekt(e)
Violoncello piccolo
Streichinstrumente
erwähnt als
Vergleichsobjekt(e)
Violoncello piccolo
Streichinstrumente
erwähnt als
Vergleichsobjekt(e)
Violoncello piccolo
Streichinstrumente
erwähnt als
Vergleichsobjekt(e)
Violoncello piccolo
Streichinstrumente
erwähnt als
Vergleichsobjekt(e)
erwähnte Institutionen
erwähnt im Zusammenhang
Kontaktinstitution
erwähnt im Zusammenhang
Bibliothek
erwähnt im Zusammenhang
Kontaktinstitution
erwähnt im Zusammenhang
Vergleichsobjekt(e)
Literaturreferenz
Nef 1906
Bargangna 1911
Guarinoni 1909
Bierdimpfl 1883
Metropolitan Museum of Art 1904
Chouquet 1884
Hammerich 1911
Claudius 1931
Svanberg 1902