"Lieber Herr Dr. Rück,
Mit einem Seufzer der Erleichterung sende ich Ihnen hier die soeben fertig gewordene Reinschrift des Führungsvortrages [Kinsky 1935]. Trotzdem ich mich bemüht habe, nur das Wichtigste zu erwähnen, ist der Text wohl doch ausführlicher ausgefallen als vielleicht beabsichtigt war. Aber bei dem Umfang der Sammlung und den hunderterlei dem Laien unbekannten Einzelheiten all der vielen Instrumentenarten war eine kürzere Fassung möglich, wenn die ganze Sammlung und ihre Hauptstücke besprochen werden sollten - andernfalls hätte vieles Wesentliche und Belangreiche übergangen werden müssen. Im Uebrigen soll das Manuskript auch nur als Grundlage und 'Rohstoff' dienen. Sie können damit also ganz nach Belieben schalten und walten, d. h. textliche Aenderungen, Streichungen oder Einfügungen vornehmen, wie Sie es für zweckmässig halten!
Obschon ich mich, wie Sie ja bald merken werden, in manchen Einzelheiten nach Ihrem Entwurfe vorn August 33 gehalten habe, hat die Ausarbeitung nebst der Abschrift doch reichlich viel Zeit beansprucht: im ganzen 9 1/2 Arbeitstage. Ich wäre Ihnen daher sehr dankbar, das s. Zt. vereinbahrte Honorar von 100 M auf 125M abzurunde; das wären dann bei fast 36 Schreibseiten M 3.50 für die einzelne Seite. Abzüglich des Vorschusses von 50 M ergäbe sich dann noch ein Resthonorar von 75 M, dazu 24 für den Tafelband 'Lutherie' und 1 M Portokosten, zusammen also genau 100 M.
Als Rolle sende ich Ihnen gleichzeitig das angebotene Pergamentblatt. Der Besitzer verlangt dafür 15 M, was ich bei der guten Erhaltung des Blattes für preiswert halte.
Nun möchte ich Ihnen - oder muss es vielmehr notgedrungen - die grosse Bitte ans Herz legen, mir die 100 (bezw., falls Sie das Pergamentblatt behalten wollen, 115) Mark frdl. umgehend durch Postanweisung zu übersenden, damit das Geld bis Mitte der Woche hier eintrifft. Hoffentlich können Sie dies irgendwie möglich machen! Und zwar deshalb, weil dieser Betrag die einzige Einnahme wäre, auf die ich jetzt rechnen könnte, ich davon Miete, Steuern und sonstige Ausgaben zum Monatsbeginn bestreiten muss.
Sie wissen ja, wie mühsam ich mich durchschlagen muss ...
Es ist möglich, dass ich im Laufe der Woche, vielleicht Donnerstag d. 4., auf zwei Tage nach Leipzig fahren muss, um dort für Lengfeld eine Bibliothek zu besichtigen. Die Sache entscheidet sich jedoch erst in den nächsten Tagen. Wenn ich für Sie in Leipzig irgend etwas erledigen könnte, Bitte um rechtzeitigen Bescheid.
Mit herzlichen Grüssen auch an Herrn Hans Rück // Ihr dankbar ergebener // [handschriftlich] Dr. G. Kinsky".