[Unterstreichungen und Markierungen teilweise durch zweite Hand, wohl Ulrich Rück.]
"Sehr geehrter Herr Dr. Rück,
Zum Angebot [Wilhelmine] Neuner [siehe NL Rück, I, C-0637]. Trotz der schlechten Aufnahmen scheint es sich tatsächlich um eine echte Tielke'sche Diskantviole zu handeln. (In Deutschland war die Bezeichnung 'Pardessus de Viole' nicht üblich.) Betreffs der Zargenhühe [sic] ist zu beachten, dass dieselbe 'ohne Decken- und Bodenstärke' gemessen ist, während im Heyer-Katalog [Kinsky 1910 und 1912] meiner Erinnerung nach noch Decken- und Bodenstärke einbegriffen sind - daher die kleinen Differenzen. In der Jahreszahl 1624 ist selbstverständlich, sofern der Zettel echt ist, die dritte Ziffer verlesen. [Abschnitt markiert, letztes Wort, wohl von Ulrich Rück, nachträglich unterstrichen und mit "?" versehen.]
In meinem Handexemplar des [Paul] de Wit'schen Katalogs ist für Heyer 786 (= de Wit 271) ein Ankaufspreis von 600 M eingetragen. Heutiger Schätzungspreis: ebenfalls noch 5-600 M, da nur 3 derartige Tielke-Violen in Sammlungen bekannt sind: ausser Heyer 786 eine von 1690 im Museum für Hamburgische Geschichte (S. 23 im Katalog von H. Schröder) und eine von 1692 im Musikhist. Museum zu Stockholm (Nr. 225). - Jedenfalls hat Tielke, da das Instrument in Deutschland im Gegensatz zu Frankreich nur spärlich verbreitet war, nur wenig derartige Armviolen gebaut, und sie sind daher ungleich seltener als seineGamben anzutreffen. [Abschnitt markiert.]
Klaviere von André sind in meinen Notizen nicht verzeichnet, weil sie wohl erst der Spätzeit, d. h. den 1830er und 1840er Jahren angehören. '1782' ist schon deshalb ein Nonsens, da ja die Begründung des André-Verlages in Offenbach erst 1784 erfolgt ist. - Das Buch von C. A. André [1855] ist Ihnen schon gestern von Lengfeld['sche Buchhandlung] zur Ansicht zugesandt worden. Sie werden daraus leicht entnehmen können, ob es nähere Angaben über den Klavierbau der Firma bietet. Soviel ich weiss, ist die Fabrikation nur in der Frankfurter Filiale betrieben worden, deren Leiter der Verfasser Carl August André war (er lebte 1806-1887 und war ein Enkel es alten Johann André). Das betreff. Klavier wird also wohl aus den 1840er Jahren stammen, als die Pianinos auch in Deutschland in Mode kamen und das alte Tafelklavier allmählich verdrängten.
Mit besten Grüssen // Ihr ergebener // [handschriftlich] Dr. G. Kinsky
+ 2 Anlagen (Neuner + [nicht in NL Rück, I, C-0444e erhalten.]"
Angeklebt ist eine Art Karteizettel mit dem Aufdruck "Goldene Medaille // 'Deutsche Woche 1933", darauf maschinenschriftlich:
"Heyersammlung Nr. 7 8 6
Diskant-Viola da braccio mit gedrucktem Zettel 'Joachim Tielke / Hamburg, 1690'[.] Der Boden ist aus sieben abwechselnd angeordneten Spänen von Palisander- und goldgelb lackiertem, geflammten Ahornholz zusammengesetzt. Auch die Zargen sind aus geflammtem Ahornholz. Die Schallöcher haben längliche, sichelähnliche Form. Saitenhalter und Griffbrett sind mit Schildpatt belegtund mit breiten Elfenbeinadern umsäumt. Wirbelkasten mit hübsch geschnitztem Löwenköpfchen. 5 saitiger Bezug. Gesamtlänge 56 cm, Korpuslänge 34 cm, obere Breite 15einhalb cm, untere Breite 19einviertel cm, Zargenhöhe mit Decken- und Bodenstärke gemessen 4einhalb cm."