"Lieber Herr Dr. Rück,
Besten Dank für die frdl. Uebersendung der 6 Mark für das Orphica-Buch von Röllig [1795] und für die Angaben über Walch, auf die ich bei Gelegenheit gern zurückkommen werde. - Soeben erhalte ich auch Ihren w. gestrigen Brief, aus dessen Inhalt ich ersehe, dass auch wirklich gute und seltene Instrumente heute (wohl aus Mangel an zahlungsfähigen Käufern) zu Preisen angeboten werden, die im Verhältnis zu dem wirklichen Werte der Stücke als recht niedrig zu bezeichnen sind. Die Abgabe von Schätzungspreisen ist daher schwierig, und ich möchte es deshalb vorziehen, bei meinen Taxationen an dem früher geltenden Maßstab festzuhalten; Sie können ja dann Abstriche an diesen Beträgen, die ja doch nur als ungefähre Anhaltspunkte dienen sollen, ganz nach Belieben vornehmen!
1) Theorbe von Widhalm [MIR903] (wohl ein Seitenstück zu der Widhalm-Theorbe vom selben Jahre 1755 (im Germanischen Museum [MI55]). Nach dem Photo ein Prachtstück von dekorativer Wirkung! Die an zwei Stellen beschädigte Rosette ist leicht zu reparieren. Frühere Schätzung: 5-600 M.
2) Knickhalslaute von Weigert in Linz [MIR898] (Zettel wohl übereinstimmend mit der Abbldg. 834 bei Lütgendorff?). Ebenfalls sehr schön und empfehlenswert. Preis: 250-300 M.
3) Gambe mit Zettel von Gaspar da Salò [MIR787]. Die Jahreszahl 1555 kann unmöglich stimmen; der Zettel dürfte daher, wie auch die Fa. Hug [& Co. in Zürich] schreibt, nicht echt sein. Trotzdem eine Rarität ersten Ranges, zumal im Originalzustand. Früherer Wert: 1500-2000 M; auch heute noch gut 500 M wert.
4) Erzlaute Albano [MIR908] (Schreibart wohl Alban u s ?) Nach der Gesamtlänge (1,84 cm) ein Chitarrone, die in der Regel höchst selten echt und unrepariert vorkommen, sondern meist in italienischen Fälschungen à la Franciolini. (Einen Albani-Chitarrone v. J. 1696 besitz[t] Fritz Wildhagen; das Instrument ist s. Zt. nicht in die Sammlung Claudius - Kopenhagen übergegangen.) Früherer Wert: 750 M und noch höher (ca. 1000 M)
5) Empire-Hackenharfe: nichts Besonderes. Wert: etwa 50 M.
Haben Sie die Orphica [MIR1178], von der Sie mir letzthin schrieben, erworben? Von dem Erfinder Röllig besitze ich ein interessantes Dokument: ein von ihm unterzeichnetes und gesiegeltes Verzeichnis seiner Instrumente mit Angabe der Preise, zu denen die einzelnen Stücke nach seinem Tode von den Erben verkauft werden sollten. Abschrift anbei; das Original sende ich Ihnen, falls Sie für einen Ankauf Interesse haben sollten (Preis: 20 M), gern zur Ansicht.
Von Glück in Friedberg ist mir bisher kein Angebot zugegangen. Ich kann ihm ja aber schreiben und bitte um gefl. Angabe seiner Adresse.
Hoffentlich sind Sie von Ihrer Unpässlichkeit inzwischen wiederhergestellt.
Mit besten Grüssen auch an Herrn Hans Rück // Ihr sehr ergebener // [handschriftlich] Dr. G. Kinsky".