"Lieber Herr Doktor!
Nach langer Pause wieder eine Anfrage. Es wird uns angeboten:
1. Ein Tangenten-Flügel, Kirschbaum poliert, durchgehend 2chörig, eine Spreize in Mitte der Klavierbreite zwischen Resonanzboden und Stimmstock, Stimmstock Kirschbaum furniert, Resonanzboden unten frisch berippt, Breite 93 cm, Länge 178 cm, 4 Füsse, 4 eckig Original, unten 3 Kniehebel, um den Resonanzboden unten ringsum eine Verstärkungsleiste laufend, linker Kniehebel Verschiebung der Stösser, rechter Kniehebel Dämpfungshebel, 3. Kniehebel vermutlich Moderator-Zug, Untertasten schwarz, Obertasten weiss, 5 Oktaven.
Nach der Dissertation Hermann, Erlangen 1938 [recte 1928] über die Regensburger Klavierbauer Späth und Schmal und ihr Tangenten-Flügel, wäre dieser Flügel der kleinste, bisher bekannte, da alle übrigen Flügel entweder 190-194 oder um 222 bis 225 herum sind. Der Flügel ist nicht signiert, sodass nicht feststellbar ist, ob es eine Arbeit von Späth und Schmal ist. Das Instrument braucht, wie alle derartigen Instrumente eine Reparatur, die etwa RM 200.-- bis RM. 300.-- kostet. Wie hoch würden Sie den Flügel bewerten? Eigenartig ist die Ausstattung in Kirschbaum, alle bekannten, in dieser Dissertation aufgeführten Tangenten-Flügel sind Nussbaum. Um ein altes Instrument handelt es sich aber zweifellos.
2. Ein Hammer-Flügel, 5 Oktaven, Untertasten schwarz mit 5 Rippen, normale Wiener Mechanik mit Holzkapseln, statt der Hammerköpfe hohle Rollen aus Holz mit Leder überzogen, Kastendämpfung, Dämpferführungsleiste am Resonanzboden wie bei Stein angebracht, rechter und linker Kniehebel zusammen auf die Dämpfung wirkend, Länge 213 cm, Breite 94 1/2 cm.
Ohne Signatur Füsse modern, Kirschbaum poliert, Zarge nicht glatt, sondern eingesetzte normale Platten aufweisend. Normal-Stimmung, neu bezogen, Boden neu berippt, Bezug im Diskant 13/3 Chor, Rest 2 Chor, davon einige Messing. Die Mechanik ähnelt der Mechanik des Flügels Heyer Nr. 175. Der Flügel ist tonlich ganz anständig.
3. Ein Tafel-Pianino, signiert Jacob Pfister, Würzburg, in Mahagoni, 165/63 cm, die vordere rechte und linke Ecke ist gebrochen und mit einer Bronce-Lorbeergirlande bedeckt, ausserdem auf den Vorderdeckel noch 2 Broncen mit Antik-Gestalten, 4 4eckige Füsse, 6 Oktaven F-f, schwarze Untertasten, 2 Kniehelbel, tadellos erhalten, neu poliert und spielbar.
ln Ihrem einleitenden Aufsatz im Heyer-Katalog [Kinsky 1910 oder 1912] über die Radleiher, sprechen Sie von 6 saitigen französischen Ratleihern, und von den Saiten gross und klein Bourdon, Trompette und Mouse. Offen gestanden: Niemand weiss daraus, ob die 2 Bourdons links vom Klaviatur-Brett-Kasten, also an dessen Scharnierseiten liegen oder ob sie rechts davon, also auf der Seite der Tasten liegen. Bitte geben Sie mir darüber Bescheid.
Ich finde soeben in dem Werkchen 'Eigenartige Musikinstrumente' von Balfoort, dass die beiden Seiten [recte Saiten], die den Tasten am nächsten sind die Mouse sind, während die an der Scharnierseite befindlichen die Bourdon und die Trompette seien. Kein Mensch kennt sich da aus, sodass ich Sie um eine schematische Zeichnung bitte. Sollten Sie in Ihrer Bibliothek eine Spezialschrift über die Drehleier besitzen, oder eine Schule, bitte ich Sie um deren Uebersendung.
4. Was ist wert eine Poschette mit Zettel: Georgio Alberti Kremona 1673 handgeschrieben, Korpus als Seitenhalter, Griffbrett Original, Wirbelkasten und Kopf später erneuert, tonlich gut, Schiffchen-Form, Korpus aus 6 hohlen Spänen bestehend.
Mit freundlichen Grüssen // Ihr ergebener // [Stempel] Dr. Ulr. Rück // [handschriftlich] H[ans]R[ück]."