"Lieber Herr Marx!

Heute habe ich endlich die Adresse von Heckel bekommen. Es existiert also in Leipzig ein Rohrholz-Lieferant und Verfertiger von Rohr-Werkzeugen für Rohrblätter. Angeblich fertigt er die Rohre selbst nicht. Die Adresse ist

Gg. Pöhle, Bernhardstrasse 26, Leipzig C1.

Ich nehme an, dass Sie diese Adresse auch um dessentwillen interessiert, weil das Museum ja sicher auch gelegentlich Rohre für Klarinetten und Oboen-Reparaturen braucht. Pöhle soll ein ehemaliger Oboist sein und wird als solcher bestimmt auch die Rohre fertigmachen können.

Wir sind etwas in Sorge wegen Ihres Gesundheitszustandes und würden uns freuen, von Ihnen darüber in Bälde wieder günstigeres hören zu dürfen.

Der Anton Walter-Flügel [MIR1099], den Ihr seliger Herr Bruder [Bruno Marx] reparierte und der Gräbner-Flügel [MIR1106], der in Leipzig unter Ihrer fachmännischen Aufsicht gemacht wurde, hat die Feuer-Probe bestanden: Am vergangenen Freitag wurden beide Instrumente im hiesigen Katharinenbau, der alten Meistersinger-Kirche, öffentlich gespielt. Der Katharinenbau fasst etwa 800 Personen und beide Flügel drangen samt einem alten Cembalo von uns gut durch und das Konzert, das 1. historische Konzert das in Nürnberg gemacht wurde, soll nach Aussage von Sachverständigen der Clou der Konzert-Saison gewesen sein. Ein nicht geringer Anteil an diesem Erfolg gebührt Ihnen, denn ohne Ihre sachverständige Bemühung wäre dies nie möglich gewesen. Interessant war, dass der Gräbner-Flügel mit dem neuen Boden trotzdem durchaus historisch getreu klang und mit der Singstimme von Frau Klink-Schneider glänzend in Einklang stand, wie es bei den modernen Flügeln niemals der Fall sein kann. Dabei trug der Gräbner-Flügel fabelhaft.

Es ist deshalb am Platze, dass ich Ihnen eine kleine Anerkennung in Form von einigen Nürnberger Lebkuchen mit gleicher Post zusende, denn die Lorbeeren zur diesen Abend gebühren in 1. Linie Ihnen.

Haben Sie an Zinken im Museum noch wirklich original Mundstücke? Ich konnte in Wien zwei sehr schöne krumme Zinken erwerben, aber leider ohne Mundstücke und möchte durch Heckel in Biebrich die Mundstücke nachbilden lassen nach Originalen. Ich bitte Sie um eine Zeichnung falls Original vorhanden sind.

Die Instrumente gehen in diesen Tagen zurück. Leider ist unser einer Drehleier-Spieler abgesprungen, weil er mit seinen dicken Fingern oben ständig zwei Tasten erwischte. Dagegen ist der andere der mein eigenes Instrument spielt, bei der Stange geblieben. Ich möchte mim doesem [sic] Spieler weiterfördern und wenn er das Instrument so beherrscht, dass er die eine Stimme im Haydn-Divertimento spielen kann, doch versuchen einen Zweiten heranzuzüchten. Ich glaube aber, es ist besser, wenn ich vorerst die Instrumente wieder zurückschicke und erst dann wieder um eines bitte, wenn ich den 1. Spieler parat habe und den Zweiten in Aussicht, denn dies kann Monate dauern. Ich frage diesbezüglich heute bei Herrn Professor [Helmut Schultz] It. Durchschlag an.

Ohne mehr zur heute bin ich mit herzlichen Grüssen an Sie und die Familie // Ihr

N. S. Spiegel-Eiche will mir für meinen Bedarf Kommerzienrat Schiedmayer aus seinen Beständen abtreten. Ich vermute, dass wir den ersten Spiegeleiche-Stimmstock vielleicht für den Flügel von J. A. Stein [wahrscheinlich MIR1110 von M. A. Stein] benötigen, der kürzlich an Herrn [Franz] Laugwitz gesandt wurde oder bleibt dort der alte Stimmstock? Gegebenenfalls bitte ich Sie freundlich um die Maße, falls Sie einen neuen Stimmstock für erforderlich halten."