"Sehr geehrter Herr Marx!
Gestern war das Konzert mit Drehleier und Dudelsack. Programm einliegend. Es hat alles tadellos geklappt. Soll ich den Dudelsack einzeln zurückschicken oder kann ich damit warten bis zum 23. März, wo wir auch die Drehleier frei bekommen? Am 22. März brauchen wir nämlich die beiden Drehleiern.
Wie steht es mit der Viola d'amore von Eberle? Ich freue mich darauf, denn dieses Instrument wird sicher schön werden.
Heute ging an Blüthner per Adresse [Franz] Laugwitz ein weiterer Hammerflügel ab und zwar ein früher Andre Stein [wahrscheinlich MIR1110 von M. A. Stein]. Der Flügel soll konzertfähig repariert werden. Bitte prüfen Sie ihn und haben Sie die Liebenswürdigkeit mir zu berichten. Ich habe das Gefühl, dass der Stimmstock rechts los ist. Man wird wahrscheinlich auch zweckmässig den Boden herausnehmen und frisch berippen. Die Mechanik ist in gutem Zustand, dagegen fehlt das Notenpult. Wenn Sie mir die Breite des Notenpultes angeben, kann ich vielleicht ein gebrauchtes dazu zur Verfügung stellen, das halbwegs passt.
Lieb wäre es mir, wenn Herr Laugwitz nach Fertigstellung des Pedalflügels [MIR1127] diesen gleich zurückschickt und dann vielleicht als Zwischenarbeit das Clavichord vornimmt und am Nähtisch-Klavierchen [MIR1174] die Dämpfung ergänzt. Das elende Lackgeschmier auf dem Resonanzboden des Nähtisch-Klavierchens bitte ich zu beseitigen.
Bei Schiedmayer können wir, d. h. das Institut und ich, Spiegel-Eiche für Stimmstöcke haben. Bitte geben Sie mir an, welche Dimensionen Sie benötigen und wie der Stimmstock in der Äderung verlaufen soll. Ich würde ganz gerne auch für uns für Reparaturen historischer Flügel ein paar Spiegel-Eiche-Stimmstöcke mit bestellen, damit man sie gut ausgetrocknet auf Lager hat. Wie gross sollen die Bohlen hierfür sein?
Ich erwarb eine sehr hübsche frühe Orphika [MIR1178] und zwar von der zuerst gebauten Art von 1796. Leider fehlen an dem Instrument einige Tasten. Es handelt sich um eine kleine Sache und ich wäre dankbar, wenn Herr Laugwitz diese Arbeit dazwischen herausmachen würde. Allerdings soll die Orphika gut spielbar werden, da wir sie für Konzertzwecke verwenden. Also muss sie notfalls auch etwas kräftiger unter die Lupe genommen werden.
Das Semester ist jetzt zu Ende, sodass Sie es hoffentlich auch etwas ruhiger haben.
Da das Konzert verlegt wurde kam ich nicht nach Leipzig. Leider konnte ich auch zu dem Automaten-Vortrag von Herrn Professor [Helmut Schultz] nicht kommen, weil ich in diesen Tagen in Wien war, woselbst ich unter anderem eine uralte Gambe [MIR787] aufstöberte, mit Inschriftzettel Casparo da salo 1555. Ich will erst den Befund von Zürich abwarten und möchte Ihnen dann zu einer endgültigen Expertise gerne das Instrument senden, denn ich möchte nicht gerne Fälschung erwerben. Ausserdem konnte ich zwei sehr schöne Zinken [MIR41 und MIR42] und zwei frühe halbkreisförmige Englisch-Horn erwerben. [Vgl. Brief an Georg Kinsky, 19.07.1934.]
Wegen des Anblasrohr-Materials für meinen Dudelsack erfuhr ich bei Heckel - Biebrich, dass in Leipzig ein Musiker sei, etw. mit Namen Föhl der eine Rohrhobelmaschine besitzt und die Rohre gewerbsmässig erzeugt. Falls Sie Namen und Adresse nicht ausfindig machen, frage ich bei Heckel-Biebrich nach der Adresse an. Heckel bezieht seine Anblass-Rohre ausschliesslich von diesem Manne.
Mit herzlichen Grüssen an Sie und die Familie und Herrn Laugwitz bitte ich Sie Herrn Laugwitz vom Inhalt dieses Briefes zu verständigen, damit ich nicht zwei Briefe schreiben muss und bin wie immer // Ihr".