Oben rechts handschr. Notiz von Hans Rück "Akt".
"Lieber Herr Marx!
Gestern kam die Viola d'amore von Eberl gut an. Das Instrument macht uns jetzt erst die richtige Freude nachdem es, dank Ihrer Kunst, und unübertrefflichen Gewissenhaftigkeit, wirklich historisch-getreu hergestellt ist. Ich danke Ihnen vielmals für die ausgezeichnete Fürsorge und bitte Sie, mir freundlich Ihre Rechnung zu übermitteln. A conto Nachsicht bei Herrn [Franz] Laugwitz übermittle ich Ihnen inliegend RM. 20.--. [Handschr. Notiz “CB Nr. 7777”.] Gestern schrieb ich Herrn Laugwitz, wenn der Pedal-Flügel [MIR1127] fertig wäre, möchte er ihn gleich hierhersenden.
Heute bitte ich Sie um eine Auskunft: Bei Hug in Zürich liegt eine Laute [MIR897], von der ich Ihnen Fotographie beilegen. Wir kennen uns in der Besaitung dieser Laute nicht aus, wie sie ursprünglich war. Inliegend eine Chantarellen-Aufsatz- und eine Zeichnung des Wirbelkastens in Natura. Der Chantarellen-Aufsatz scheint uns später gemacht worden zu sein. Nun ist die Frage, war der Aufsatz schon ursprünglich daruaf [sic] oder nicht. Eine Besonderheit ist nämlich folgende: 2 Wirbel, die jetzt links unten stecken, an den mit rotem Kreuz bezeichneten Stellen, haben 2 Löcher, 1 Loch innerhalb und ein weiteres ausserhalb des Wirbelkastens. Nun meint Herr Tenucci, dass diese 2 Wirbel ursprünglich nur die beiden Löcher ausserhalb des Wirbelkastens hatten und für 2 Bass-Saiten dienten, die neben dem Griffbrettbezug liefen. Für deren Auflage hätte das Chorholz etwas länger sein müssen. Kinsky schreibt auf Seite 84 [Kinsky 1912], dass die Laute von Barons Porträt die beiden tiefsten Saiten als freiliegend erkennen lasse. Alle übrigen liefen über das Griffbrett.
Dem gemäss hatte diese Laute, die ungefähr aus dem Jahre 1735 stammt, 9 doppelte und 2 einzelne Saiten haben können und dann wäre der Aufsatz für die 20. Chantarellen-Saite bestimmt gewesen. Nachdem der Wirbelkasten nur 19 Wirbel enthält, müsste der 20. Wirbel auf dem Chantarellen-Aufsatz liegen. Die Stimmung, die Kinsky auf Seite 84 wiedergibt, hat im Diskant 2 einzelne Chantarellen-Saiten. Da Barons Buch 1727 erschienen ist, könnte dies so richtig sein – wenn Ihre Museums-Originale gleiches aufweisen. Wir sprachen ja schon einmal persönlich darüber, dass dieses Instrument geändert wurde, dahingehend, dass das Griffbrett schmäler wurde und ein neuer Anhänge-Steg noch dazu tiefer und höher für 13 Saiten gemacht wurde. Dieser Saiten-Anhänger muss natürlich entfernt werden und ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie mir die Zeichnung des originalen Saiten-Anhängers für Hug übersenden würden. Ebenso bräuchte ich eine Angabe, wie das Chorholz für die beiden Bass-Abzüge zu konstruieren ist. Ich kann mir nämlich nicht gut vorstellen, dass der Sattel über das Griffbrett hinausragen soll. Oder gibts wirklich derartiges?
Ich hatte zufällig Gelegenheit, eine Laute von Weigert in Linz 1723 [MIR898] zu sehen, totale Länge 80 cm, Decke 51 1/2 mal 29 1/2. Diese ist vollkommen original und hat 19 Wirbel und 1 Chantarelle im Aufsatz: bei dieser ragt das Chorholz nicht hervor.
Sollte die Sache schriftlich nicht zu klären sein, so würde ich mir das Instrument aus Zürich kommen lassen, damit wir es beide bei meinem nächsten Leipziger Besuch vergleichen.
Ich bestellte mir in der Bibliothek: Barons Untersuchen des Instruments, der Lauten, wo selbst auf dem Titelkupfer nach Kinsky zu erkennen sei, dass die beiden tiefsten Seiten freiliegend sind.
Noch bemerken möchte ich, dass auf unserer Laute Elfenbein-Wirbel sind, sodass die Wirbel mit den beiden Löchern sicher alt und original sind. Nur glaube ich, wie gesagt, dass die ausserhalb des Wirbelkastens befindlichen Löcher die originalen sind.
Wie denken Sie? Mit herzlichen Grüssen // Ihr
Beilage."