NL Rück, I, C-0570j


"Mein lieber Herr Marx!

Ich bin noch hier und bleibe noch hier. Ich wollte Montags wegfahren, erfuhr aber, dass die Einfahrt nach München gesperrt sei und man nur 10 km vor München fahren könne infolge des Angriffs am verg. Sonntag. So blieb ich hier, da ich fürchtete, auch die Ausfahrt aus München könnte gesperrt sein. Ihre Nachrichten erreichen mich also b.a.w. noch hier.

Lederschecks alles durch mich erledigt. Gayer schreibt, er bekäme Mitte Oktober aus der Fabrikation Hammerleder und weiches Hirschieder, kann auch Oktober-Ende werden. Da darf ich Sie dann wohl nochmals nach Eisenberg bitten, wenn ich Ihnen damit nicht zuviel Arbeit mache. Den benötigten Lederscheck sende ich dann an Geyer direkt, da er den meinen an Sippach weitergegeben hat. Mit Schnabelleder kann er vorerst nicht dienen, da nicht in Fabrikation. Er bedauerte, Sie nicht getroffen zu haben. Er wird Ihnen melden, wenn die Felle zum Aussuchen bereit liegen. Wenn er auch weiches Hirschleder hat, wäre uns damit sehr geholfen, denn dieses tat mir besonders leid.

Konnten Sie einen geeigneten Drappstoff für Moderator bekommen? Wenn Sie in Eisenberg sind, bitte sehen Sie zu, bei Sippach oder Häusler solchen zu ergattern
den ich dann gelb einfärben und eulanisieren liesse.

Die Restantenliste und Verzeichnis des Gelieferten sendet mir Schlessiger zu. Nun habe ich eine Idee ausgebrütet: bei Ihnen häufen sich die fertigen Instrumente an und Sie haben wenig Platz. Mit der Bahn kann man aber momentan nichts versenden. Wie wäre es, wenn Sie die Güte hätten, in meinem Auftrage mit dem Professor zu sprechen, ob ich nicht im Keller des Grassimuseums die von Ihnen fertiggestellten Instrumente lagern dürfte, bis sie abtransportiert werden können? Ich kenne allerdings diese Keller nicht, nehme aber an, dass sie trocken und gut gebaut sind. Da sichs nicht um viele Instrumente handelt, würde mir der Prof. dies viell. erlauben, und Sie wären diese Instrumente doch einstweilen los. Natürlich braucht er keine Verantwortung dafür zu übernehmen. Sollte er meinem Wunsche nicht entsprechen können, so würde ich an Blüthner schreiben im gleichen Sinne. Denn ich sehe ein, dass Sie bei der jetzt stärker belegten Wohnung auch Platz brauchen. Das Hinschaffen könnte ja ein Spediteur machen auf meine Kosten, oder Zacharias irgendwie tätige Hilfe leisten, der ja recht gefällig ist.

Überdies: vielleicht hat er dünnen Drappstoff für Moderator zum Einfärben. Es ist scheusslich, dass uns dies alles verloren ging, aber Hauptsache ist doch, dass wir alle heil durchkamen.

Das Holz für das Untergestell des Schmahl bitte ich bei mir anzufordern,
ich bestelle es dann bei Seiler oder bei Blüthners. Dass unser Freund dort gestorben ist, tat mir leid. Er war uns doch in so manchem recht gefällig. Ich wünsche Ihnen und Familie indessen alles Gute und grüsse Sie von mir
und Frl. Luise aufs herzlichste als // Ihr".

Absender/Urheber Person
Empfänger Person
Datum
1943,10,06
Schreibort
Villach