NL Rück, I, C-0570j

"Lieber Herr Marx!

Ihren Brief vom 19. d.M. dankend erhalten, gingen die versprochenen Sachen vorgestern per Expressgut an Sie ab. Sie finden darin zu Ihrer Erquickung:

das Hackbrett, für dessen Rosetten ich Ihnen eine Fotografie mitgab, sowie 1 Zister, welche Steglich für sein Institut bekommen soll. Wenn es geht, würde ich bitten, für diese Zister die beigelegten Wirbel zu verwenden, denn die Beschaffung neuer Wirbel stösst jetzt in Markneukirchen wahrscheinlich auf grössere Schwierigkeiten wie früher, weil Zimmermann seinen Wohnsitz nach Wien verlegte und nicht mehr in
der Firma aktiv tätig ist. Auch will Steglich für die Reparatur nicht viel Geld schwitzen. Wenn aber die Wirbel nicht zu verwenden sind, bitte ich Sie, neue zu bestellen unter Verwendung beiliegenden Freikuverts und die Bestellung zu adressieren an

Herrn Becker i.Fa. Carl August Schuster,

mit dem ich befreundet bin. Es ist ein früherer Angestellter Zmmermanns.

Sie haben sehr richtig geraten, dass meine Anfrage auch beinhaltete, ob Sie nicht Lust hätten, im Mai zu mir zu kommen. Die Sache ist so: unter der Patronanz des Führers selbst wird in St. Florian bei Linz ein grosser Kultursender errichtet und der musikalische Leiter dort war bei mir und möchte gerne eine Kopie des Mozart-Flügels. Maendler ist im Prinzip bereit, eine solche zu machen, wenn er dadurch seinen Techniker Morgenroth vom SHD-Dienst freibekommt und wenn ich ihm in absehbarer Zeit die für ihn bestimmte Kopie fertigmachen kann. Nun steht die Kopie im Rohbau ja bei mir, wie Sie wissen und so wäre der schöne Wonnemonat Mai so gar nicht ungeeignet, mit dieser Kopie zu beginnen und wenn Vater Marx Lust und Liebe hätte, zu kommen.

Wie es allerdings mit den Engländern steht, ob sie kommen oder nicht, weiss ich nicht und möchte diese Frage Ihrer Beurteilung überlassen. Wie ich höre, wurde die Flak verstärkt hier und soll nochmals verstärkt werden. Auch spricht man vertraulich von neuen Geschossen mit viel grösserer Streu- und Splitterwirkung. Zudem werden die Nächte immer kürzer, sodass, hoffen wir zu Gott, die Gefahr geringer wird. Bitte überlegen Sie sich die Sache.

Ich selbst bin den ganzen Mai bis 29. hier. 29. Mai fahre ich mit Luise nach Gastein zur Kur und muss diese Zeit einhalten, komme was wolle, weil ich sonst kein Quartier mehr für dieses Jahr in Gastein auftreibe. Mit anderen Worten, ich bin dann im Juni weg. Es wäre also nett und lieb von Ihnen, wenn Sie sich zur Fahrt nach Nürnberg entschliessen könnten.

Über die Pandurina würden wir dann persönlich sprechen und da wäre es vielleicht am besten, wenn Sie das Instrument mitbrächten. Ich kann mich des Dings nämlich im Moment nicht genau entsinnen.

Zum Zettel-Fotografieren kann ich Ihnen selbstverständlich fotografische Platten in jeder Menge senden. Geben Sie mir bitte die Grösse an, ob 9x12 oder 13x18. Sie schicken mir dann die belichteten Platten hierher zum Entwickeln und Kopieren. Sie brauchen also nur die Aufnahme zu machen.

Im übrigen ist ja hier noch eine Arbeit: das Fertigmachen des Bodens und Einleimens in das zweimanualige Cembalo, damit wir Ihnen dieses dann, wenn Sie es wünschen, nach Leipzig zur Weiterarbeit senden können.

Nach der leeren Kiste wurde bereits dreimal reklamiert und die ATEGE schreibt Ihnen heute, Sie möchten doch bei ihrem dortigen Korrespondenten einmal persönlich vorsprechen, wo diese Kiste bleibt. Vielleicht machen Sie einen Spaziergang hin.

Ohne mehr für heute und mit herzlichen Grüssen // Ihr".

 

Absender/Urheber Person
Empfänger Person
Datum
1943,04,22
Schreibort
Nürnberg