"Lieber Herr Marx!
Vielen lieben Dank für Ihren Brief und Rechnung vom 2.3.42. Ich gab Anweisung in Nürnberg, Ihnen bar Mark 340.- à conto zu senden, die bereits unterwegs sind, den Rest von Mark 2,15 finden Sie anbei in bar und Marken. Ich freue mich, dass Sie wieder all Ihre Liebe diesen Instrumenten angedeihen liessen, meinen besten und herzlichsten Dank dafür einstweilen auf diesem Wege.
Inzwischen wird auch das Clavichord bei Ihnen eingegangen sein, das für die Leopold Mozart-Wohnung gehört und durch die Reichshochschule für Musik betreut werden wird. Es bekommt wie besprochen einen neuen Boden, denn der alte Boden ist ja falsch. Und wohl auch stellenweise zu dick, glauben Sie nicht, dass ein Boden von etwa 2 1/2 Millimeter für das kleine Instrumentchen genügen würde?
Noch etwas wichtiges dazu: ich würde grossen Wert darauf legen, wenn es Ihrer altbewährten Kunst gelingen würde, auch die Nebengeräusche der Mechanik beseitigen zu können, ohne Rücksicht, was das Arbeit macht bezw. kostet. Denn das niedliche Instrumentchen soll der praktischen Musikpflege dienen. Bitte versuchen Sie dazu, was möglich ist. Es wäre fein, wenn Ihnen dies gelingen könnte.
Neuen Boden für die Nonnengeige: wir suchten in Nbg im Oktober einen alten Boden aus für diesen Resonanzboden. Er ist offenbar von Käser vergessen worden, beizupacken, obwohl ichs ihm sagte. Ich wies Hr. Haid an, Ihnen diesen Boden nachzusenden. Haid wie auch Käser sind aber zur Zeit enorm überlastet, vielleicht finden beide auch den alten ausgesuchten Boden nicht mehr. Darum wirds gut sein, Sie bestellen bei Zimmermann sich Holz für einen neuen Boden, dazu gleich 2 paar Gitarren und 2 Paar Lautendecken grösseren Ausmasses, als Reserve, solange es noch so etwas überhaupt gibt. Denn in unserer Branche sieht es verheerend aus: alles ist bereits in Umstellung auf reinen Heeresbetrieb begriffen, fürs Inland ist praktisch nichts mehr zu haben!! Wenn Sie bei Zacharias in Tuchen, Leder, Saiten, Stahl und Messing, noch etwas für uns finden, bitte kaufen Sie es für uns, ebenso bräuchten wir dringend einige Stimmschlüssel für Flügel einarmige Hebel, bitte suchen Sie auch davon in meinem Auftrage für uns aus. Er soll dann alles nach Nürnberg senden. Sehr erwünscht wäre Moltontuch für Mozartflügel zum Gelbfärben, vielleicht finden Sie noch Reste, nehmen Sie, was Sie bekommen.
Ich bin immer noch hier, habe einen hartnäckigen Luftröhrenkatarrh bekommen infolge des grausig kalten Windes hier, die Massage geht noch weiter. Dazu sause ich nach Klavieren umeinander, aber auch hier ists praktisch am Ende!
Unser Polierer Ersatz Kellner - der bei der SS Kaninchen züchten muss - ist auch davon gelaufen, war unbrauchbar schon wegen massloser Material-Verschleuderung! Und konnte nicht viel, kein grosser Verlust! Aber wieder eine Arbeitskraft weniger!
Rückert wollte man auch schon zur Polizei holen, aber dann hörte die Konzerttätigkeit auf, so konnten wir ihn behalten.
Das originale Mozart-Clavichord ist glaube ich auch auf dem Wege nach Nürnberg, würden Sie sich entschliessen können, im April oder Mai zu mir nach Nbg zu kommen? Vielleicht können wir darüber jetzt schon korrespondieren, damit Sie sich alles richten können. Ihre Antwort wird mich noch hier erreichen, wenn sie recht bald erfolgt. Indessen viele liebe und herzlichste Grüsse von mir und Frl. Luise, womit ich bin
wie immer Ihr getreuer
[handschriftl.] wenden
Soeben sendet mir Hartmann die Zeichnung für den Poschettenfächer zu der kürzlich restaurierten Poschette, die wohl nach Nbg ging. Ich sende Ihnen anbei die Zeichnung zum Studium, da müssen wir ja zuerst altes Papier hersuchen, dann dazu eine gehörige Portion Arbeitsgeist gleich Virginias, denn der Fächer macht eine Riesenarbeit! Aber schön ist er zweifellos. Bitte studieren Sie ihn und geben mir Nachricht, falls eine Rückfrage bei Hartmann erforderlich wäre. Die originalen Farben sind etwas verblasst, schreibt er, kein Wunder. Er antwortete jetzt erst, weil seine Frau schwerstkrank war. Nochmals liebe Grüsse!
Ihr Dr. R."