"Lieber Herr Dr. Rück,
Mit bestem Dank für die zweiten 20 Mark erkläre ich mich, um unsere jahrelangen guten Beziehungen nicht zu beeinträchtigen, mit der bisherigen Art der Verrechnung einverstanden. Mein Vorschlag war ohnehin auch nur durch meine wirklich äusserst bedrängte wirtschaftliche Lage verursacht, die es mir in diesem Monat zum ersten Male unmöglich machte, auch nur meine Wohnungsmiete aufzubringen ... Hoffentlich erleben wir nun bald den schon so lange verheissenen Umschwung und das Ende der Wirtschaftskrise!
Zum Angebot Zimmermann-Markneukirchen: Nach längerer Ueberlegung bin ich zu dem Ergebnis gekommen, dass mit 'Teile' vermutlich das französische Wort 'Taille' gemeint ist, das soviel wie mittlere Stimmlage innerhalb eines 'Chors' oder 'Stimmwerk', also 'Alt-' oder 'Tenor-Instrument' bedeutet ('Taille de Viole', 'Taille d'Hautbois' usw.) Das angebotene Stück ist eine 'Taille de Viole', die der deutschen 'Alt-Viola da gamba' des 16. und 17. Jahrhunderts entspricht (s. die Tabelle im Heyer-Katalog II [Kinsky 1912], S. 437). Es hat die altertümliche, gitarrenähnliche Korpusform ohne Mitteleinschnitte: Beispiele u. a.: Brüssel No. 1403 u. 1409 (Kat. Mahillon III [1903], S. 42/43) und Wien Nr. 73 u. 74 (Kat. Schlosser [1920] Tafel XVII) - alle diese Exemplare jedoch mit f-Löchern, während das Markneukirchner Instr. die [von Hand eingezeichnete, nach innen geöffnete c-] Löcher der Gambe aufweist. Die ornamentalen Einlagen des Bodens (am Halsansatz) deuten auf Brescianer Schule hin: kurzum ein sehr seltenes Stück, für das der verlangte Preis von 325 Mark als billig zu bezeichnen ist! - Nur der schmale Hals dürfte sicher nicht mehr original sein; wahrscheinlich ist die Gambe später zu einem kleinen Cello umgearbeitet worden - eine Erneuerung wäre aber leicht zu bewerkstelligen.
Von der Schnecke ist auf dem Photo leider nichts zu erkennen. Jedenfalls könnte ich Ihnen nur empfehlen, auf das Angebot einzugehen und sich das Instr. zur Ansicht kommen zu lassen.
Der Ausdruck 'Barde' ist mir unverständlich. Das Instr. ist eine regelrechte 'Chitarra battende' (italienische Schlaggitarre, von [Curt] Sachs wegen der Korpusform auch 'Wölbgitarre' genannt.) Der Typ wird in Ihrer Sammlung wohl bereits vertreten sein. Diese Gitarren sind fast immer unsigniert. Schätzung: bis zu 150 Mark.
Tieffenbrucker-Theorbe [heute Halle, Inv.-Nr. MS-168] und Stainer-Viole d'amour: natürlich Museumsstücke ersten Ranges! Der Reparateur der Theorbe heisst nicht Scheile, sondern Sebastian Schelle; s. Heyer.Katalog II [Kinsky 1912], 637. Inzwischen sind mir über ihn genaue biographische Daten bekannt geworden; er starb 1744 im 68. Lebensjahre; Grab 749 b auf dem Nürnberger Johannisfriedhof (ob dort noch vorhanden?). - Meine Schätzungen: Theorbe bis zu 1000 M, Viola d'amour 5-600 M - wenn dies auch für heutige Verhältnisse viel Geld sein mag.
Ihrem Wunsche, Ihnen die beiden Monographien [Garnault 1926 und Schneider 1928] zu überlassen, will ich entsprechen, da ich wohl annehmen darf, dass ich sie im Bedarfsfalle von Ihnen entleihen kann. Preis: 10 M zusammen; es sind schwer erhältliche Privatdrucke.
Ich könnte Ihnen anbieten:
1) Eine grosse Photographie - die Mitglieder der berühmten Pariser 'Société d'instruments anciens' Mit ihren Instrumenten darstellend (Cembalo, Viole d'amour, Viola da gamba und Radleier). Aufnahme mit den eingenhändigen Unterschriften der Spieler Grillet, Diémer, Waefelghem und Delsart gelegentlich ihres Kölner Konzerts 1899. Ein für Museumsbesucher sehr interessantes Bild, da von dieser 'Société' die Wiederbelebung der alten Instrumente ihren Ausgang nahm. // 15.-
2) Ein reich mit Perlmutter eingelegter Saitenhalter eines alten italienische Cellos. (17. oder 18. Jahrhdt.) // 20.-
3) Ehrenplakette für einen fürstl. Heerpauker Samuel Eckart mit der Jahreszahl 1708 (anscheinend aus Silber, mit reichen Ziselierungen im Barockstil. Grösse 9 : 8 cm. Diente anscheinend als Beschlag für eine ihm gestiftete Pauke. Hübsches, seltenes Stück!) // 20.-
Ansichtssendung auf Wunsch!
Die heutige Liquidation beträgt M 17.50. Abrechnung:
Sept. 8: // Auskünfte // 15.-
[Sept.] 10: // do // 12.-
[Sept. 10:] // Brief an Herrn Hans Rück nach Grado // 5.-
[Sept.] 19: // Auskünfte // 17.50
[Sept. 19:] // 2 Monographien // 10.-
[Sept. 19:] // Porto-Auslagen: // -.50
[Summe] // 60.-
Erhalten // 40.-
Rest // 20.-
Mit freundlichen Grüssen auch an Ihren w. Herrn Bruder [Hans Rück] // Ihr stets ergebener // [handschriftlich] Dr. G. Kinsky".