"Liebe Herren Rück,
Für Ihre freundlichen Wünsche zu meinem Wohnungswechsel danke ich Ihnen bestens! - Meine nach Nürnberg gerichteten Briefe v. 10. und 12. ds. Mts. werden Ihnen wohl nachgesandt worden sein.
Die Signaturen des Ferd. Hofmann-Flügels machen den Eindruck der Echtheit; die einzige Möglichkeit wäre, dass sie ursprünglich zu einem andern Instrument gehört haben und erst nachträglich auf den betreff. Flügel geschraubt wären. H. starb am 25. Jänner 1829; die Angaben in den Totenbüchern über sein Lebensalter sind jedoch schwankend (s. Heyer-Kat. I [Kinsky 1910], S. 232): 73 und 67 Jahre.
In ersterem Falle müsste er 1756, in letzterem Falle erst 1762 geboren sein; 1782 wäre er also 26 bezw. 20 Jahre alt gewesen. Dass er schon als 20jähriger junger Mann selbständiger 'bürgerlicher Klaviermacher' gewesen sein soll, ist anzuzweifeln; mithin dürfte 1756 als Geburtsjahr glaubwürdiger sein.
Die frühen deutschen Hammerflügel sind mit einem Kniehebel ausgestattet. Beispiele: Heyer [heute Museum für Musikinstrumente der Universität Leipzig] Nr 171 (Stein, Augsburg 1773), Nr. 173, 174 (Schiedmayer) u. Nr. 176 (Ferd. Hofmann! Dort ausser dem Kniehebel noch ein Pianozug). Pedaltritte an Stelle der Kniehebel wurden 1783 durch Erard in Paris eingeführt (Heyer-Kat. I [Kinsky 1910], Fussnote zu S. 131).
Eine präzise Angabe über die Einführung der Messing- anstatt der Holzkapseln habe ich ebenfalls nicht ermitteln können; bei den meisten derartigen Spezialfragen versagt die Fachliteratur. Jedenfalls hängt die Einführung mit der in Wien erfolgten Verbesserung der alten Stein'schen 'deutschen Mechanik' zur sog. 'Wiener Mechanik' zusammen (Hinweis im Heyer-Kat. I [Kinsky 1910], Fussnote 2 zu S. 178. Beispiele: Heyer Nr. 124 u. 134-141; smtl. Wiener Fabrikate). Sollte also die Jahreszahl 1782 richtig und die Messingkapseln bei dem Flügel keine spätere Zutat sein, wäre das Instrument ein wichtiger Zeuge für diese Neuerung. Auffällig bleibt nur, dass Hofmann in den zeitgenössischen Lexicis und sonstigen Berichten nirgends genannt wird - auch nicht in Forkels musikalischen Almanachen von 1782-89, in denen die namhaften Wiener Klavierbauer jener Zeit angeführt sind (Walter, Streicher usw.)
Eine andere Spur führt nach Augsburg: zu Ignaz Joseph Senft, wahrscheinlich einem Schüler Steins, der aber ebenfalls in den Lexicis der Zeit nicht vorkommt. Sie entsinnen sich wohl, dass Sie mir Ende Januar ds. J. von einem Senft'schen Hammerflügel [MIR1105] schrieben, der Ihnen aus Münchener Privatbesitz angeboten worden war. Dieser Flügel hatte freilich Holzkapseln - aber das Berliner Tafelklavier Nr. 1280 von Senft hat Messingkapseln. ('Hämmer in Metallkapseln', lt. Sachs' Katalog [1922] Sp. 81, worauf ausdrücklich mit einem ! hingewiesen wird. Zeitzuschreibung: 'letztes Drittel 18. Jahrhunderts'). Die Frage bedarf mithin noch weiterer Klärung, und vielleicht kann der Hofmann'sche Flügel dazu verhelfen!
Mit freundlichen Grüssen // stets Ihr ergebener // [handschriftlich] Dr. G. Kinsky".