NL Rück, I, C-0873g

"Lieber Herr Doktor Rück,

soeben ist der Mozart-Flügel-Aufsatz endlich fertig geworden! Mit einiger Verspätung - zum 15. wäre er schon fällig gewesen. Aber ich hatte mich leider zu sehr auf den Huberschen Kalender gestürzt - bis Ihre Nachricht kam, daß er wohl jetzt gar nicht gedruckt wird. Dann habe ich mich schleunigst 'voll und ganz' dem Mozart-Flügel zugewandt. Aber es kamen in diesen letzten Trimesterwochen noch ein paar schwere Brocken - in der Hindenburg-Hochschule z.B. Matthäuspassion, Beethovens Missa solemnis, Bruckners Achte, über die man nicht nur so quasseln kann, sondern sich vorher ordentlich sammeln muß. Dazu die Schlußarbeiten für den Seminarhaushalt, wo in letzten Wochen noch etwa 700 M in Büchern und Noten anzulegen waren. Kurz und gut - zum Schreiben für private Zwecke bin ich in der ganzen Zeit nicht gekommen.

Nun endlich zu Ihrem Brief vom 20. Punkt 1: Brief des Dr. K.[och] Ich finde diesen Brief wirklich so nett, daß man ihm wohl nicht mehr ernstlich böse zu sein brauchte. Schließlich konnte er auch nichts dafür, daß ihm über den Leipziger Antiquitätenfritzen das Angebot von N.[eupert] gemacht wurde, und er wäre ein Hammel gewesen, wenn er nicht da herausgeholt hätte, was herauszuholen war. Freilich hab ich mich dann auch geärgert, daß vorher der gute Marx so viel Arbeitskraft auf jenen Stein-Flügel z. B. verwandt hatte. Und daß Dr. K. damals in Berchtesgaden nichts von jenem Kauf sagte, war sicherlich eine Ungeschicklichkeit von ihm, aber doch gewiß auch nicht böser Wille, denn verpflichtet war er ja schließlich nicht dazu. Ich glaube, so schlimm[,] daß Sie die Verbindung abbrechen müßten, war das nicht. Ich würde zwar künftig die Arbeitskraft des Herrn Marx nicht mehr für Halle ein setzen, sondern vor allem für Ihre eigenen Sachen. Aber das und jenes was Sie abgeben können, dem Halleschen Händelhaus zu geben, das täte ich schon und würde mich freuen, wenn Sie sich dazu entschließen könnten. Es ist doch immerhin eine einzigartige Stätte, das Händelhaus, und schon wert, daß man ein übriges tut. Und die Hallenser sind im Grunde doch auch keine üblen Leute. Lesen Sie nur nochmals den Kochschen Brief! Finden Sie ihn nicht doch ganz passabel und durchaus anständig??

Zu Punkt 2. Den Brief mit den schönen Worten über Koch & Korselt habe ich nun geändert und Herrn Haid gegeben. Hoffentlich hilft's was. Die Herrschaften hatten, wie Haid sagte, nichts mehr von sich hören lassen.

Zu Punkt 3. Schönen Dank für die Münchener Instrumenten-Fotos! Die sind als Fotos sehr gut. Wenn vor allem deutsche Instrumente aufgenommen werden sollen, bleibt freilich nur die Gedeler-Geige übrig, die auch ein sehr gutes Bild macht. Nun ist freilich schon eine Barockgeige von Gedeler zusammen mit Ihrer Tenor- und Piccologeige da, ein noch interessanteres Bild, weil da noch die Größenverhältnisse für die Leute etwas Besonderes sind, der Unterschied von der gewöhnlichen Geige zum Tenor- und zum Quart-Instrument. Von den übrigen ist die alte Chineserglocke gewiß das interessanteste Stück, es fällt aber in der Bildwirkung wohl etwas ab gegen die anderen Blätter, die wir schon haben, vor allem wenn man bedenkt, daß man die Bilder eine Woche lang vor den Augen hat. Nun, mal sehen, was sich da machen läßt. Jetzt sind auch die Fotos vom Germanischen Museum da. Sehr schön die Donna mit dem Klavichord im Unterleib [GNM, Inv.-Nr. T2041]! Schultz telegraphierte (!!!) vor ein paar Tagen, daß die Leipziger Bilder nun kämen. Bis jetzt sind sie aber noch nicht aufgetaucht. Na, bei der neuen Kalender-Bestimmung eilt es ja auch nicht so. Ich muß schon sagen, das hat auf mich wie eine kalte Dusche gewirkt. Sintemal ich diese Sachen ja nicht nur fürs Geld mache - obschon man das gut brauchen kann, sondern hauptsächlich des Gemütswerts wegen, der darin liegt, daß man andern Leuten etwas geben kann. Da ich ja nicht gerade mit einem Zuhause voller Gemütswerte gesegnet bin, ist so etwas für mich immerhin wichtig. Ich hoffe, daß die Sache schließlich doch nicht so schlimm ist.

Inzwischen gibt es ja auch wieder andere Arbeit. Heut, wo nun der Mozartflügel fertig verarbeitet ist, kommt von Halle die Korrektur des Textbuchs der Händel-Oper Deidamia. Das freut einen denn auch. So geht's am laufenden Band, eines nach dem andern.

An Luithlen habe ich im Drange jener Geschäfte noch nicht geschrieben. Es soll aber demnächst werden. Sehen Sie ihn einmal, so grüßen Sie bitte von mir. Fein, daß Norlind Ihnen sein neuestes Opus mit vielen Bildern auch aus Ihrer Sammlung schickte. Sehen Sie es lohnt sich doch, für so etwas zu leben und zu arbeiten! Das war ja auch die Meinung Ihres seel. Bruders.

Die Hauptsache ist nun, daß Ihre Heilung, die äußere und die innere, gute Fortschritte macht! Das wünscht Ihnen von Herzen mit den [handschriftl.] besten Grüßen, auch an Frl. Luise, // Ihr // RudolphSteglich."

Absender/Urheber Person
Empfänger Person
Datum
1941,03,29
Schreibort
Erlangen
Erwähnte Objekte
erwähnt als
Foto(s)
erwähnte Institutionen
erwähnt im Zusammenhang
Kalenderproduktion
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Ankauf Musikinstrument(e)
erwähnt im Zusammenhang
Angebot Musikinstrument(e)
erwähnt im Zusammenhang
Erbauer(in) Musikinstrument(e)
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