NL Rück, I, C-0873g

"Sehr geehrter Herr Prof. Steglich!

Vielen lieben Dank für Ihre Münchner Karte, Ihren Brief und Bericht, hat mein höchstes Interesse erregt. Ich ersehe aus Ihrem Bericht, dass Ihnen die Shudi-Kopie [später Halle, Inv.-Nr. MS-74] im Ganzen recht gut gefallen hat, dass Sie aber vielleicht etwas ein wenig stört, nämlich die tiefste Oktave des unteren 8'. Nun ist, wie Sie selbst wissen, der gute Dr. Koch mehr als peinlich und kann vielleicht aus dem Text des Berichtes etwas nicht herauslesen, was uns beiden ohneweiters verständlich ist: dass nämlich die erwähnten akustischen Schwierigkeiten natürlich ausschliesslich daran liegen, dass das Instrument in der Tiefe bis C. geht. Allerdings kann man dagegen einwenden, dass man sonst dafür einen 16' einbaut.

Ich nehme an, dass Sie mit Maendler über diesen Punkt ausführlich sprachen. Hiezu kommt noch, dass es sich um das längste, bisher überhaupt gebaute Cemballo handelt. Ich wäre Ihnen nun dankbar, wenn Sie, in Ihrem Bericht einen kurzen Vermerk anbringen möchten, dass der erweiterte Tastenumfang dabei eine Rolle spielt.

Dann bin ich so frei, auf 2 Punkte hinzuweisen, die vielleicht Koch auch nicht in Verbindung kann [sic]:

Sie schreiben oben:

Tiefste Oktave für sich allein nicht gut brauchbar.

untern:

"Tiefste Lage des Untermanuals ausgenützt wird."

Ich möchte anregen, ob vierlleicht oben die Fassung nicht noch klarer wäre:

"Solistisch nur mehr in langsamen Sätzen 'brauchbar' oder etwas ähnliches. Ich nehme wenigstens an, dass Sie es so meinen.

Der Satz:

"Daher liegt hier auch kein wesentliches unbedingt störender Mängel vor,"

ist mir nicht ganz verständlich. Vielleicht wäre es möglich, dies etwas klarer zu umreissen, besonders in Hinblick darauf, dass der darauf folgende Satz:

"Andererseits aber etc" den vorhergehenden Satz gewissermassen wieder abschlachtet.

Ich persönlich verstehe genau, aber vielleicht dürfte ich anregen, dass Sie die Güte hätten, Obiges nochmals zu überlesen und - wenn Sie mit mir übereinstimmen - entsprechend herausstellen[.]

Ich sende Ihnen die beiden Schriftstücke nochmals zurück: gegebenenfalls schreiben Sie Titel und [?] Abschrift ab und schieben Ihn auf ein neues Blatt an das sie den 2.ten, 3.ten, 4.ten, 5.ten und, 6.ten Abschnitt ankleben. Ich glaube mich zu entsinnen, dass auch bei dem Cemballone in Halle ähnliches der Fall war: die letzten Basstöne drückten sich verhältnismässig schwer nieder, natürlich aus den gleichen Gründen.

Vielleicht darf ich noch eine kleine Bemerkung anregen: Die Bekielung ist natürlich mit ein Grund, abgesehen selbstverständlich von der akustischen Anlage, dass dieses Instrument den herzhaft hellen, klaren Klang hat.

Sehr dankbar bin ich Ihnen für den letzten Absatz; Leider werden die Hallenser für diese Mehrkosten nichts bezahlen, sodass der gute Maendler wieder einmal der Herr Tintinger ist.

Die ganze Anlage Ihres Berichts, ist, wie immer, von wohltuender Klarheit und eine lehrreiche Einführung für Halle.

Ich habe für die erstmalige Herausstellung des Instruments Julia Menz als Spielerin vorgeschlagen. Ansonsten Sie das am besten übernehmen würden, denn ich bezweifle, dass in Halle ein geeigneter Spieler ist, der von all den Feinheiten Ihres Berichtes eine Ahnung hat. Aber ich kann mich auch täuschen.

Gesundheitlich: Ich bin jetzt bei dem neurologen Wagner-Jauregg in Behandlung, hatte 10 Inj.[ektionen] mit Vakzinen-rin [?] und bekomme jetzt 12 Inj mit Omnadin. Ich erhole mich ganz langsam und W.J. schätzt, dass bis zu meiner Gesundung noch 4-5 Monate vergehen, bis zu meiner vollen Arbeitsfähigkeit es wohl Anfang Herbst werden. Er erhofft sich Gutes von Bad-Gastein, wohin wir nun auch endgültig Anfang kommender Woche fahren. W.J. meint, dass mich die Gasteiner Kur ein Stück vorwärts bringt. Mir hängt dieses Kranksein schon zum Hals heraus, abgesehen von den fast ständigen Nervenschmerzen, die besonders gegen Abend recht störend sind.

Seien Sie so lieb, Hauck telefonisch zu informieren.

Luithlen besuchte uns hier und hätte gerne den frühesten Walter-Flügel [MIR1098], und dazu fertig restauriert!, von uns gekauft, was wir ablehnten. Wir empfahlen ihm das Linzer Stück loszueisen [Linz, Inv.-Nr. Mu 89], das wir ihm dann vielleicht restaurieren oder wenigstens für die Restaurierung an die Hand geben, denn er möchte einen Mozart-Flügel konzertfähig haben. Er war sehr nett und wir versprachen ihm weitgehende Unterstützung.

Vielen Dank für Ihre guten Wünsche und herzlichste Grüsse // Ihr".

Absender/Urheber Person
Empfänger Person
Datum
1940,03,07
Schreibort
Wien
Erwähnte Objekte
Cembalo
Tasteninstrumente
erwähnt als
Detailinformation(en)
Kopie
Klang
Hammerflügel
Tasteninstrumente
erwähnt als
Restaurierung
Kaufinteresse
Hammerflügel
Tasteninstrumente
erwähnt als
Vergleichsobjekt(e)
erwähnte Institutionen
erwähnt im Zusammenhang
Käufer(in)
erwähnt im Zusammenhang
Sammlungsbestand
erwähnt im Zusammenhang
Sammlungsbestand