"Lieber Herr Prof. Steglich!
Freundlichen Dank für Ihren Brief und Ihre Bereitwilligkeit, das Tschudi-Cemballo bei Mändler zu prüfen. Wenn Ihnen das Instrument gefällt und Sie es für Halle bestens empfehlen können, wäre ich Ihnen dankbar, wenn Sie auch mitt allem Nachdruck in Halle dafür eintreten. Sie wissen ja, dass dort ein anderes Fabrikat [gemeint ist Neupert] eine Zeit lang dominierte und dass man infolgedessen dort ein gewisses Vorurteil gegen Mändler hatte. Koch und Grahmann schliessen sich diesem Vorurteil grosszügigerweise nicht an, so dass es auch für diese beide Herren eine redliche und moralische Stütze bedeuten würde, wenn Sie das Instrument [später Halle, Inv.-Nr. MS-74] empfehlen können.
Mändler hielt sich im Bau genau an das Original und so dürfte es klanglich diesem sicher sehr nah kommen. Die mechanischen Einrichtungen dagegen wurden vereinbarungsgemäss nach Mändlers altbewährten und gesicherten Konstruktionen eingebaut.
Ich darf Sie bitten, mir dann gleich zu berichten, und wäre Ihnen für ein Urteil, ebenso wie M[a]endler, sehr zu Dank verbunden.
Frau M[a]endler möchte Sie als Tischgast haben, bitte lehnen Sie das nicht ab. Ihre übrigen Spesen bitte ich, mit Herrn Haid zu verrechnen.
Ich hätte in Halle etwas zu besprechen[.] Es sind noch Instrumentenlieferungen rückständig. Diese sollten vereinbarungsgemäss bis Ende März längstens erfolgen wegen Schluss des Etatjahres. Ich kann nur einen teil davon bis zu diesem Zeitpunkt liefern und zwar jenen Teil, den ich von hier aus dirigieren kann. Ein anderer Teil Instrumente, den ich selbst in Nürnberg aussuchen muss, ist erst lieferbar, wenn ich vom Arzt aus als halbwegs gesund entlassen bin. Ich kann wegen Halle unmöglich in krankem Zustand, noch dazu bei den jetzigen Bahnverhältnissen für ein paar Tage nach Nürnberg fahren, denn ich würde einen Rückfall riskieren. Bitte sprechen Sie doch mit den Herren, ob Sie es nicht doch ermöglichen können, den nichtlieferbaren Rest auf's neue Etatjahr zu übertragen. Es handelt sich ja hier um keinen aussergewöhnlichen Fall und Sie, als Kenner des Instrumentenmarktes können am besten ins Feld führen, dass Halle froh sein kann, wenn es die Instrumente bekommt. Bitte sprechen Sie in diesem Sinn.
Als nächste Lieferung folgen die Kopien der Schwegelpfeifen und der Zinken. Auch das musste ich alles von hier aus dirigieren. Reine Reklame Arbeit!
Heute sprach ich mit meinem Arzt wieder einmal generell: nach seiner Meinung war der Tiefstand Mitte Januar und seitdem ginge es, wenn auch ganz langsam und mit Unterbrechungen, aufwärts. Es ist eine sehr schwere Nervenentzündung, aber er hofft, das[s] alles wieder gut wird, empfiehlt nur eben, vor meine Weggang nochmals Prof. Wagner-Jauregg zu konsultieren, der bekanntlich die erste europäische Autorität für Nervenerkrankungen ist. Die Haemorrhoiden sind zum Glück so ziemlich vergangen, nachdem sie anfänglich einen sehr bedrohlichen Eindruck machten. Sie kosteten mich acht Tage Bettruhe und viele Sitzbäder. Die Schwellung der linken Hand, die vor 4 Wochen ihr Maximum erreicht hatte, flaut langsam ab, die Schmerzen in Oberarm und Schulterblatt sind teilweise noch erheblich. Temp.[eratur] normal. Bitte telefonisch [Hauck] gefälligst über diesen Teil zu informieren und sagen Sie ihm, dass ich die Kurzwellenbehandlung nächste Woche mit der 14. Sitzung vorerst abschliesse und Ende nächster Woche nach Bad-Gastein zur weiteren Kur fahre, Adresse: Hotel Krone.
Mein Freund Neuner ist tatsächlich jetzt staatlich angestellt worden für ein in München neu zu errichtendes Institut. Bitte streng vertraulich nur für Sie!
Hier türmen sich die Schneemassen und der Frost nimmt kein Ende.
Bitte grüssen Sie die Herren in Halle allerbestens, ebenso Hauck und Ihnen die allerherzlichsten Grüsse // von Ihrem
Bitte prüfen Sie in Nürnberg vor allem das kleine Laurenz Maier. Wir fanden es bei elegantem Anschlag langtönend und schier romantisch. 106 cm hoch! Unser Hugo [Haid] mit seiner 'Klaue' scheint uns die Schönheiten dieses Klaviers noch nicht begriffen zu haben. Wie denken Sie?"