Ulrich Rück schreibt aus "Merano, Hotel Posta".
"Sehr geehrter Herr Otto Marx!
Wir danken Ihnen vielmals für die so prompte Erledigung unserer Anfrage.
Mit Frau v. Diergardt unterhandeln wir noch. Sie will sich die Sache mit dem Flügelchen [MIR1176] überlegen. Der von uns gebotene Preis von 800 Mark scheint ihr zu wenig zu sein.
Wir finden, dass es heute allerhand Geld ist, wenn man in ein solches Instrument so viel Geld hineinsteckt. So ist die Geschichte noch in der Schwebe. Das Cembalo gehört der Gesamtfamilie und ist der Hochschule in Köln zum Gebrauch überlassen.
Wir denken, dass wir wegen des Flügelchens schon noch zu einer Einigung mit der Dame kommen. Immerhin sehen wir uns auf der Rückreise in München auch nochmals den dortigen defekten Flügel an.
Uebrigens fand ich im kl. Heyerkatalog [Kinsky 1913], dass in der Heyersammlung ein Tafelklavier [Inv.-Nr. 116] (ohne Orgel) von Longman u. Broderip selbst enthalten ist. Da hat man das bequemste Modell – Wegen des Taftelklaviers mit dem 4. Zug diene Ihnen, dass in der Berliner Sammlung Katalog Sachs [1922] Seite 83 folgendes steht: '1174. Tafelklavier aus Mahagoni, auf 4 Beinen, mit 2 vertieften Papierrosen, und Fa. Nr. 640, Johann Gottlob Wagner, in Dresden, den 12. Junii 1788. Umfang F1 bis g3. Untertasten ebenholz [sic], Obertasten Elfenbein, Englische Meahnik [sic] mit vorderständiger Hammerleiste, Unterdämpfer, deren Drahtstösser auf den hinteren Tastenenden stehen. Die Stosszungen werden in Pergamentschleifen gehalten. Hinten gehen die Taste in Fälzen. Vier Kniedrücker, die durch Knieschieber fest gestellt werden können: Harfe, Forte, Piano u. Schweller; dieser besteht aus einem mehr oder weniger zu hebenden Schalldeckel, aus stoffbezogener Pappe rechts über dem Resonanzboden. Breite 176, Tiefe 53, H 85 cm. Wagner hat diesen Typus 1776 als Clavecin royal geschaffen.
Unser Tafelklavierist vom gleichen Wagner und hat, wie Sie sich erinnern werden, grosse Aehnlichkeit. [Rück meint hier wohl das von Bruno Marx zuvor reparierte Tafelklavier MIR1161, allerdings von Christian Salomon Wagner. In der Sammlung Rück befindet sich aber auch MIR1701 von Johann Gottlob Wagner.] Den 4. Zug, sagten Sie damals, würde man nur einmal machen können, wenn man an einem Original sehen könne, was er bedeute. Sie vermuteten damals, es sein ein zu heben Schalldeckel, der an der hinteren Zargenwand ein Schlitz ist, durch den ein Hebel gegangen sein könnte. Dieser wirds wohl sein. Die Adresse des Herrn [Adolf] Hartmann ist mir nicht genau bekannt, er ist an der Hochschule für Musik, Berlin Charlottenburg als Instrumentanbauer tätig. Die Sachs-Sammlung ist die sog. Sammlung an der staatlichen Hochschule für Musik, also offenbar die Sammlung in B.-Charlottenburg. Sein Vorname dürfte Adolf seit, weil Sachs als Mitarbeiter einen Adolf Hartmann benennt. Die Adresse wird genügen.
Übrigens erinnere ich mich, dass unter uns. Resten ein Messingstück sich befindet, ziseliert, das evtl. der Angriff für den Schalldeckel sein könnte. Wir wussten nicht, was dies sein konnte. Zu entscheiden ists erst, wenn man von Hr. H. die genaue Zeichnung ihn Händen hat.
Falls Sie durch Zufall hören, dass jemand eine Spitzharfe verkauft oder die ersten Typen von Holzblasinstr., so bitte ich Sie, uns freundl. zu informieren, denn diese Typen fehlen uns noch. Unsere neuen Räume sind fertig. Wir werden das Beste der alten Sachen mit unterbringen. Für heute Ihnen [und Familie]".
[Letzte Zeile des Durchschlags abgeschnitten.]