"Sehr geehrter Herr Marx!
Wir haben am 24.9. in München einen uns angebotenen alten Flügel (wohl ein sogen. Augsburger) besichtigt, dessen Befund wäre folgender:
1.) Länge 2 Meter, Fournier Nußbaum, ohne Signatur.
2.) Tonumfang 5 Oktaven: Untertasten schwarz, vermutlich Ebenholz, Obertasten mit weißen Elfenbeinblättchen belegt.
3.) Alle Dämpfer (Stiefel) fehlen, Leiste dazu aber vorhanden; diese hat Führungen aus Pappe [Lesart unklar] die aber fast alle verbogen sind.
4.) Sehr dünne Hammerstiele, wovon einer 30 vorne am Kopf angeschifftet werden müßten: Hammerkerne mit Leder überzogen.
5.) Resonanzboden gut, aber durchgedrückt; müsste wohl heraus, neu berippt werden etc.
6.) Im Steg ist an 2 Stellen der Holzwurm; im Stimmstock nichts.
7.) Die 122 Wirbel (Original) haben keine Löcher.
Gedübelt sind 21 Löcher im Diskant u. nicht wieder besetzt. Jedenfalls sind die Wirbel auf neue Löcher gesetzt worden.
Blatt II.
8.) Stimmstock u. Resonanzboden ohne Holzwurm.
9.) Mechanik liegt auf einem Schlitten.
10.) Mechanik hat hölzerne Kapseln.
11.) Klaviatur und Rahmen sind alt.
12.) Drei Kniehebel vorhanden; Instr. hat Moderatorzug.
13.) Alte Wirbel vorhanden, aber teilweise versetzt u. aufgedübelt.
14.) Hammerstiele sind rund.
15.) 5 Füße[,] runde im Empirestil, mit 6 Rillen, in welche je 1 Rundstäbchen auf 1/3 u. 2/3 abwechseln eingekohlt ist. – Gewinde dieser Füße dürften erneuert werden müssen.
16.) Der Deckel ist 3 teilig; der hinterste davon verdächtig, wohl auch Notenpult. Der hinterste Deckel ist innen mit sog. roter Gustawmarmor[Lesart unklar]-Tapete beklebt; an den 2 vorderen Deckeln aber ist diese Tapete herausgerissen.
17.) Der mittlere Deckel ist aussen schachbrettartig angelegt, der hintere Deckel jedoch glatt fourniert mit breitem Fries. In der Farbe des Fourniers weicht dieser von den übrigen Deckeln ab, sodaß wir vermuten, dies ist erst später gemacht worden. Die Zargen sind mit schlichtem Fournier versehen, ohne Einlagen.
Wir bitten Sie nun heute um Ihren fachmännischen Rat:
a) ob Sie uns den Ankauf dieses Flügelchens empfehlen u. zu welchem Preis;
b) Wie hoch nach diesem Befund die Reparatur unverbindlich kommen wird.
Wir nehmen an, daß der Flügel aus der Mozartzeit stammt, da er noch hölzerne Kacheln hat. Wir haben in u/Sammlung keinen Flügel aus dieser Zeit, wissen auch nicht, ob solcher heute leicht oder schwer zu bekommen ist.
Wir legen hier bei: 1 Hammerkopf, 1 Stück Hammerstiel u. 1 St. Leder (oder Papier) aus dem Dämpf.-Rechen. [Otto] Frank meinte, der Flügel sei kein [Johann Andreas] Stein-Fl., weil die Hammerstiele rund seien statt oval er glaubt aber, der Fl. sei von einem Augsburger Meister. Woran is ein echter Augsburger Stein-Fl. zu erkennen? Der Besitzer verlangte früher 250.-, jetzt 180.- Mark.
Welchen Preis halten Sie für angemessen?
Wir wären Ihnen für recht baldige Rückantwort dankbar, welche Sie bitte nicht nach Nürnberg, sondern an die untenstehende Adresse richten wollten:
Herrn Dr. Ulrich u. Hans Rück,
z.Zt. Lindenberg i/bayerischen Allgäu
per Adr. Buchdruckerei J. Adolf Schwarz.
Mit freundlichen Grüßen // Ihre ergebenen // Brüder Rück."