NL Rück, I, C-0570k

"Mein lieber Herr Marx! Habe ich Ihnen schon mitgeteilt, dass leider Maendler total ausgebombt wurde, Dezember Geschäft und Wohnung, am 7.1.45 dazu noch die Fabrikation. Es sind all seine Zeichnungen, Halbfabrikate, Mechaniken, Klaviaturen, Hölzer verbrannt. Er ist sehr traurig darüber, und auch ich. Dabei ging natrl. auch die Zeichnung zu Mozarts Flügel verloren, falls sie sich nicht bei Ihnen befindet. Desgleichen wohl die zum Perticcicembalo auch, falls Sie diese nicht zurückerhielten. Für die Perticcizeichnung könnten Sie Entschädigung beim Kriegsschädenamt München stellen, was ich an Ihrer Stelle machen würde. Formulare will ich Ihnen gerne dazu besorgen. Zum Mozartflügel würde ich natrl. gerne eine neue Konstruktionszeichnung von Ihnen bekommen. Falls dies möglich, bäte ich Sie sehr darum. Papier könnte ich senden, wenn Sie mir das Maass aufgeben, denn Sie werden in L. keines bekommen. Die Zeichnung bitte ich natürlich mir zu berechnen, da ich meinerseits mir die Kosten wieder vom Münchener Kriegsschädenamte vergüten lasse! Die Zeichnung der Mechanik liess ich fotocopieren und diese ist gerettet, mindest vorerst, sie liegt in Hersbruck. Dabei auch die Hämmerzeichnung. Ich weiss natürlich nicht, ob Sie die nötigen Unterlagen für den Mozartflügel noch in Leipzig vorfinden. Die Perticcizeichnung werden Sie wohl auch neu machen, davon würde ich gerne auch eine Fotocopie erwerben, bezw. machen lassen. Mein sehr guter Fotograf Kolb ist zwar auch ausgebombt, soll aber etwas verlagert haben. Auch Frau Weissenberger hat alles verloren, ebenso kaputt Haids Wohnung (welche z. Tl. allerdings verlagert war), die des Schwiegervaters, der Eltern, sr. 2 Schwestern. Vom Stadtkern Nürnbergs dürften 80 % verloren sein! Haid ist jetzt in Ihrer "Nähe" in Hermsdorf, Rasthaus a.d. Autobahn nach und bei Gera. In Salzburg wurde Leopold Mozarts Wohnhaus am Makartplatz vernichtet, darinnen das ganz kleine intarsierte Clavichord, das wir restaurierten mit dem windschiefen eingelegten Deckel und der Inschrift auf dem Res.Boden, ferner ein neues Maendlercembalo. Dazu einige neue Flügel und die von mir gelieferten Vitrinen des Mozart-Instrumentariums, das selbst aufs Land verlagert wurde.

Nun weiter: Sie sandten mir ein Muster eines Wirbels für die 2 neuen Spinette: dazu sollte Braun Stimmschlüssel machen. Dieses Muster ging auch verloren. Ich bitte Sie um ein anderes, dazu auch um ein Muster für die Wirbel zu den beiden neu anzufertigenden frühen Clavichorden. Braun arbeitet wieder langsam weiter. Die Bänder fängt er jetzt an, ebenso Scharniere für die Spinette und für das Kirschclavichord. Wegen des Holzes für den Deckel bemüht sich die Reichsbahndirektion Nbg., das Holz los zu eisen in Brixlegg, wo es schon lange bereitliegt zur Absendung.

Mertel Salzburg total zerstört, dabei auch von mir ein Orgelwerk a. d. Spätbiedermeierzeit in Sekretärform. Das ich 1/2 Jahr vorher kaufte! Beide Mertels im Krieg.

Gehmacher erwartet Sie schon lange zum Stimmen: hoffen und wünschen wir, dass wir bald beide gemeinsam gesund wieder einmal nach Salzburg kommen können. In Mozarts Geburtshaus thront derzeit ----- das Wirtschaftsamt. Das Inventar ist ja alles verlagert.

Ich bekam nochmals auf einen Lederscheck, den mir Decken-Bahmann abliess, Ventilleder, Schnabelleder, Wildmechanikleder, KlaviaturKalbLeder: alles nicht zu verachten, umsomehr Krause schreibt, die Lederzuteilungen wären stark gekürzt worden.

Ich grüsse Sie aufs herzlichste als // Ihr dankbarer".

Absender/Urheber Person
Empfänger Person
Datum
1945,02,19
Schreibort
Hersbruck