NL Rück, I, C-0570k

"Lieber Herr Marx!

Besten Dank für Ihren Brief vom 16. d.M.. 2 schöne Stangen Rippenholz waren auf der Kiste auf den Deckel aufgenagelt und seitlich durch Bretter mit der Kiste verbunden worden. Offenbar gestohlen! Wenn Sie wieder Rippenholz brauchen, bitte es bei mir anzufordern.

Den Deckel für die Vogelorgel lasse ich vorrichten. Für das Claviorganum habe ich wunderbares 25-jährig gelagertes Lindenholz vorrätig, auch Elfenbeinbelege kann ich beschaffen. Für die Mechanik werden wir wahrscheinlich Mahagoni oder Palisander brauchen. Hierüber erbäte ich ebenso wie über die Halbtöne gelegentlich Ihre freundl. Rückäusserung, damit ich mich beizeiten danach umtun kann, denn alles ist heute ein Problem.

Jedenfalls danke ich Ihnen herzlichst für Ihre liebe Bereitwilligkeit, mir mit dem Clavi-Organum zu helfen, damit es in neuer Schönheit ersteht und präziser, als das Original war, wie bei Vater Marx nicht anders gewöhnt.

Gestern freute ich mich wieder an dem Fächer, der mir viel Freude machte, für die Poschette. Dabei stellte ich fest, dass der Bogen auch fehlt. Ich vermute, dass er bei mir verbrannt ist, denn ich entsinne mich ganz dunkel, als ob ich den Bogen in der Vitrine aufbewahrt hätte. Nun, ein solcher Bogen wird kein allzu grosses Problem sein.

Ihre Mitteilungen über die früheren Clavichorde waren mir sehr interessant. Die Profilleisten geben einen wertvollen Anhaltspunkt für das Alter. Übrigens lese ich im Kinsky-Katalog, dass das Instrument Nr. 2 angeblich eine Signatur und verschiedene Inschriften hat: was ist daran Dichtung und Wahrheit? Ist eigentlich Nr. 2 verbrannt oder war Nr. 3 im 2. Stock des Grassi-Museums? Eines ist jedenfalls sicher flöten gegangen. Bei Besichtigung der Abbildung fällt mir ein, dass wir auch noch ein Gehäuse zu dem Instrument brauchen. Bitte geben Si[e] mir dafür die Holzliste, damit ich Ihnen das Weichholz sende, dem ich dann auch Rippenholz beipacke. Die Backenschnitzerei müssen wir später einmal nachholen, hoffentlich kommen diese Zeiten bald. Wir begnügen uns eben mit dem Profilaufriss, dann kann später ein Bildhauer die Details nachstechen.

Die Rosette würde natürlich am besten genau nach dem Original nachgebildet, aber was machen wir da? Glauben Sie, dass eine Vergrösserung aus der Fotografie, die Sie seinerzeit machten, helfen kann? Ich lege Ihnen sicherheitshalber die Fotografie diesem Briefe bei. Vielleicht genügt Ihnen diese schon für die Nachbildung. Andernfalls würde ich vorschlagen, eben eine Rosette des 16. Jhrh. vorerst anzubringen und später durch eine Originalkopie zu ersetzen, wenn das Instrument erst einmal wieder zugänglich sein wird.

Ich wollte Ihnen schon längst einige Äpfel schicken, aber meine Sendungen aus dem Zillertal konnten bisher wegen Frachtsperre über München noch nicht befördert werden. So muss ich nochmals etwas zuwarten.

Indessen mit vielen herzlichen Grüssen wie immer // Ihr".

Absender/Urheber Person
Empfänger Person
Datum
1944,11,20
Schreibort
Nürnberg