NL Rück, I, C-0570k

"Lieber Herr Marx!

Ich danke bestens für Ihren lieben Brief vom 3ten, und einstweilen im voraus für die Sendung Spinett und Werkzeuge, die gerade recht als Christkindel kommen wird! Die Buchenabfälle legte Stamnitz bei, da er annahm, wir könnten solche gelegtl. verwerten. -Die Fotoaufnahme des Clavichords Nr. 2 machten Sie im Museum ja eigens für mich szt. Der Schutzkasten ist im Beyerkatalog nicht beschrieben und so machen wir ihn eben nach Ihrer Erinnerung. Die alten Formscharniere kann Braun machen, der wieder arbeitet, doch erbäte ich da bald die Zeichnung für die Scharniere, da es bei Braun jetzt immer lange dauert, bis er solche Arbeiten macht, da er nicht mehr so bequem eingerichtet ist wie früher. Das alte Cembalo Graf Harrach/München, aus meiner Sammlung hat ganz ähnliche Ausführung wie Spinett Inv. Nr. 2 (also das Sie copieren) und könnte ganz gut vom gleichen Maestro sein, es ist leider auch nicht signiert. Doch hielt Dr. Lutze es nach den Ornamenten der originalen Lederkassette für 1te Hälfte 16. Jahrhundert, also 1501 bis 1550. Wir halten ja beide das Cl. für älter als das Inv. Nr. 1 DomPis. Schließhakenfrage mit Dübeln ist mir ganz sympathisch. -Lederfrage habe ich vollstes Verständnis, wenn Sie nicht reisen wollen. Mir gehts genau so. Kann ja eine Auswahl gemacht werden. Hammerleder kann man anfragen, warum Narben abgeschärft wird, ich frage. Die neuen Spinette sind noch unausgepackt in den Kisten, das eine bereits auf ein Schlößchen bei Behringersmühle (die grosse Forelle aus guten Zeiten!!!) verlagert, das andere noch im Keller der Städt. Galerien soll demnächst geöffnet werden, wenn wir an den Deckel kommen: Maendler sandte das Nußholz, das lange nicht aus München rauskommen konnte hierher. Da aber erst seit gestern mein früheres Büro als Notwerkstätte eingerichtet ist für Kithil und Käser zusammen, muss diese erst anlaufen, auch 2 bombenbeschädigte Mietklaviere erst rauskommen, dann gehts an den Spinettdeckel und dann hole ichs aus dem Verließ heraus, in das ich es aus Sicherheitsgründen und in der Kiste verlagern liess. So muss ich meine eigene Ungeduld solange zähmen, denn ich weiss: es wird ein Festtag werden, wenn ich dieses Werk von Vater Marx erstmals sehen und hören kann. Dann berichte ich sofort ausführlich. Da ich in den Bergungsort nicht ohne weiteres zukann, muss ich - leider - solange warten, bis ichs holen und in uns. Werkstätte bringen kann. Die W. von Kithil wurde gestern endgültig ganz abgebrochen, da total kaputt muss sie neu gebaut werden - aber leider vorerst nicht möglich. An der grossen von Käser soll morgen begonnen werden! Wenns wahr ist! Ich bin skeptisch geworden!

Wir haben seit einigen Wochen fast täglich 1-2mal Voralarm bezw. Alarm, Nürnberg wurde in den letzten 3 Wochen 5mal angegriffen. Wie gehts Ihren Danzigern und sonstigen Familienmitgliedern?-- Ich überlege, ob man nicht auch Ihr Londoner Riesenpiano sichern sollte durch Verlagern auf eines meiner Depots? Wie denken Sie und wie verpackt man es? In Latten wäre wohl die einzige Möglichkeit: wie hoch ists. Ginge es in eine Kiste?

Inzwischen weiter alles Gute und herzlichste Grüsse von Frl. Luise und mir von // Ihrem getreuen".

Absender/Urheber Person
Empfänger Person
Datum
1944,12,11
Schreibort
Nürnberg