NL Rück, I, C-0570d

"Lieber Herr Marx! 

Vielen freundlichen Dank für Ihre lieben Zeilen vom 21. d. M. Wir hatten gerade vorgestern in einem telefonischen Gespräch mit Herrn Seegers, der uns hier in Nürnberg anrief, vereinbart, dass er sich einmal nach Ihnen umsieht, da wir sehr in Sorge waren, Sie wären nicht wohl. Ganz unberechtigt war also unsere Sorge nicht, wie wir aus Ihren Brief lesen, hats auch Sie am Finger erwischt. Wir wünschen weiterhin gute Besserung und wenns nicht besser wird, gehen Sie lieber zum Arzt. 

Wir hörten mit Interesse, dass Sie so sehr fleissig sind, aber Sie sollen nicht zu fleissig sein, sondern auch ausruhen, umsomehr lasen wir gerne, dass Sie täglich 1 1/2 Stunden spazierengehen. 

Wir freuen uns sehr auf die Sendung und reklamierten soeben nach den bestellten Wirbeln und Saiten bei Zimmermann. Die Ruckers-Klaviatur senden wir Ihnen in dieser Woche. Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie die beiden Signaturen, die sich links und rechts darauf befinden, entweder nachzeichnen oder fotografieren könnten, da sie vielleicht einen weiteren Beweis dafür geben könnten dass es sich um den Andreas Ruckers als Erbauer handelt. Auch möchte ich Sie bitten, das abgenommen Filz- u. Polstermaterial aufzuheben, denn man weiss nicht, wie man es mit als Vergleichsmaterial gelegentlich heranziehen kann. Die Klaviatur macht keinen sehr erbaulichen Eindruck, aber Ihrer bewährten Kunst wird es nach und nach schon gelingen, sie in Ordnung zu bringen. 

Natürlich sind wir ganz damit einverstanden, wenn Sie erst später kommen wollen, denn vor allen Dingen soll Ihr Finger wieder gut sein. Vielen Dank auch für die Besorgung des Füllhalters. 

Der Korn wird demnächst ankommen und zwar teilte uns Herr Seegers eine Kiste mit 25 Flaschen zu, was ich für sehr nett finde. Ich bitte Sie freundlich, am nächsten Samstag, den 27. d. M., abends mit Ihrer Frau bei Seegers zu speisen und Ihre Spesen auf Rech nung zu setzen: da ist nämlich ein besonderer Tag, den gerade Sie mitfeiern sollen. An diesem Tage ist der 25. Todestag unseres Vaters und wir wollen gerade an diesem Tage unser Museum der Öffentlichkeit zugänglich machen zur Erinnerung an ihn, der ja der eigentliche Gründer ist. Wir veranstalten von dort ab regelmässig Führungen einige hielt Steglich schon – und wollen auch an diesem Tage ein Führungsbuch beginnen. Sie sollen im Geiste bei uns sein und ich bitte Sie gleichzeitig, dem Seegers zu sagen, er möchte von den 25 Flaschen Korn 5 Flaschen Ihnen geben, sodass wir 20 Flaschen bekommen. Diese 5 Flaschen bitten wir als kleine Weihnachtsgabe von uns zu betrachten. 

Das Ruckers soll in dieser Woche wieder ins Haus kommen, da es in der Malerei jetzt vollkommen gereinigt und in Ordnung ist. Wir freuen uns sehr darauf. Im Museum legten wir gerade heute einen sehr hübschen Läufer in Grau mit grüner Kante, sodass es sehr schmuck aussieht. 

Meister Käser plagt sich redlich und ehrlich mit dem Streicher- Flügel. Er kennt sich in Ihren damaligen technischen Angaben aus und will seine Ehre dareinsetzen, ihn bis Weihnachten spielfertig zu haben! 

Freund Ernst hat sich wieder einmal in der Deutschen Instrumentenbau-Zeitung ausgeschleimt über Museen und Instrumenten-Macher. Da Ihnen der Artikel sicher ebenso gut gefällt wie uns, sende ich ihn Ihnen als Drucksache mit der Bitte um gelegentliche Rückgabe. Seite 356. 

Das erinnert mich an den alten Schlager: Ernst, Ernst, was Du mir nicht alles lernst! 

Ohne mehr für heute mit herzlichen Grüssen an Sie beide // wie immer Ihre".

Absender/Urheber Person
Empfänger Person
Datum
1937,11,22
Schreibort
Nürnberg