NL Rück, I, C-0570d

"Lieber Herr Marx! 

Freundlichen Dank für Ihren Brief vom 9. Januar und die gütige Durchsicht der Zeichnung. Ich gab sie zur Abänderung in Ihrem, wie immer praktischen Sinne an meinen Innenarchitekten zurück und finde auch Ihren Vorschlag für einen Tisch als besser und vor allem zeitgerechter. Es wird also ein Tisch gemacht und wir verwenden die gestellte Zeichnung für ein anderes Instrument.   

Wegen des Zitherbezuges sehe ich bei mir nach, ob ich nichts Geeignetes finde. Im allgemeinen waren diese Alpenzithern oft von Laien, wie Holzknechten Bauern usw. gemacht und man kaufte die Saiten wie man sie eben grade bekam. Einen feststehenden Bezug dürfte es kaum gegeben haben. Ich sende Ihnen dieser Tage mit ein paar anderen Instrumenten die wir in Leipzig untersuchen wollen, eine, von mir erst kürzlich erworbene Zither, die noch den originalen Bezug hat und auf der, der Besitzer, ein Schuster aus Tirol mir noch etwas vorspielte. Vielleicht kann dieses original bezogene Instrument dazu beitragen, die Frage des Bezuges helfen zu klären. Die Zither war vermutlich ganz mit Metall bezogen, denn Darmsaiten sind für den bäuerlich Betrieb zu wenig haltbar. Ich sende Ihnen gleichzeitig eine kleine Monographie über die Zither von Nikl in der die alten Bezüge auf den Seiten 24–40 und weiter angegeben sind. Ich finde darin bei flüchtigem Durchblättern, dass die alten Bezüge scheinbar durchwegs aus Metall waren.  

Inliegend den Brief des Herrn Professor, vom 2.1.37. an Sie zurück. Freundlichen Dank für die Information. Damit sind ja die Würfel gefallen. Herr Glock wird in etwa 14 Tagen in Leipzig eintreffen. Ich ziehe aber vor, im Laufe dieser Woche nach Berlin zu fahren und in der kommenden Woche schon nach Leipzig  zu kommen.  

Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie inzwischen Zeit finden könnten, bei Blüthner die beiden Instrumente auspacken und auf Böcke legen zu lassen und sich inzwischen die Reparatur durch den Kopf gehen lassen. Bevor ein Eingriff an den Original- Mozart-Flügel gemacht wird, müssen wir beide ein Protokoll aufnehmen, in welchem der Zustand des Flügels vor der Reparatur für alle Zeiten festgelegt ist. Es soll auch alle jene Teile aufführen, welche im Laufe der Zeit, seit Mozart's Tod zweifelsfrei erkennbar neu hinzukamen. Also z. B. neue Saiten, neue längere oder stärkere Wirbel ect. Ich ging in Salzburg den Flügel flüchtig durch und bezeichnete auf den Stimm-Wirbeln mit rotem Bleistift auf deren Kopf alle jene Saiten, die mir und Katolnigg als zweifelsfrei neu oder verdächtig erschienen. Als Mass haben wir die Bezugsstärke mit dem Mikrometer durchgemessen. Die Ergebnisse unserer Messung liegen diesem Briefe zu Ihrer Information bei. Dass die Belederung nach Mozarts Tod erneuert wurde, dafür liegen urkundliche Beweise vor.

Wenn Sie also so lieb wären und würden inzwischen den jetzigen Stand des Flügels einstweilen genau durchstudieren, so würden wir bei meinem Besuch rascher vorwärts kommen. 

Professor Schulz informierte ich schon vor ein paar Monaten über die ganze Sachlage und bat ihn um Ihre Mithilfe und um seine – natürlich nur gelegentliche – Besichtigung. 

Für den abgeschnittenen Flügel liegt eine genaue Zeichnung bei, in der Kiste, angebunden an der Verpackung und ich bitte Sie freundlichst, darauf achten zu lassen, dass sie jah nicht verloren geht. Sie gibt nämlich die Bodengrösse, die Steglage und den Bezug des Flügels von Anton Walter aus dem Museum in Linz a. d. Donau wieder, der aus der gleichen Zeitperiode stammt als wie der abgeschnittene Walter-Flügel. Herr Katolnigg nahm die Bezugsstärken und die Mensuren des Linzer Flügels auf, sodass wir auch darin einen Anhaltspunkt haben.  

Ich lege Ihnen ein paar Zeilen für Blüthner bei, damit man Ihnen doch jede Hilfe angedeihen lässt.  

Ihren Nachfolger werden wir, Ihrem Vorschlag gemäss über diese, unsere Arbeiten vorerst nicht informieren.  

A. Konto laufende Arbeiten lege ich diesem Briefe [R]Mk. 40.- bei, na türlich bitte ich Sie, Ihre Stunden bei Blüthner uns zu liquidieren. Ich sende Ihnen noch die Zeichnung zu dem Untergestell des bei Ihnen befindlichen Spinetts von Dominikus, mit der freundlichen Bitte, auch diese einer Remistion unterziehen zu wollen. Die Zeichnung ist nämlich nach einem anderen italienischen Spinett im Grundriss gemacht, dass Ihr sel. Herr Bruder noch reparierte. Deshalb bitte ich Sie sich auf das Dominikus unikorigieren [sic!]. Gefällt Ihnen das Untergestell? Oder schlagen Sie auch hier ein Tischchen von dem Stiel [sic] der damaligen Zeit, also mit gedrehten Säulen vor?

Auf frohes, gesundes Wiedersehen und mit herzl. Grüssen // wie immer // Ihre".

Absender/Urheber Person
Empfänger Person
Datum
1937,01,11
Schreibort
Nürnberg