Unterstreichung von zweiter Hand.
"Sehr geehrte Herren!
Haben Sie inzwischen das Spinett erhalten und wie gefällt es Ihnen? Es klingt ja wohl viel wenn ich mir erlaube die Arbeit mit [R]M. 140.- zu berechnen, aber es war eine große Arbeit. Ich habe den Boden heraus genommen, zusammengefügt, ausgespähnt, berippt, den gebrochenen Führungsrechen repariert und verstärkt, beide Stege neue Stücke angesetzt, die Rosette rep. neue Kontur aufgesetzt (aber bitte nicht durch die Lupe zu besehen), der alte Stimmstock was gesund und habe die Wirbellöcher ausgedübelt, am Gehäuse reichliche Reparaturen, Klaviaturrahmen verkeilt, neue Wagbalkenstifte und Führungen, verzogene Tasten angesetzt, 7 Halbtöne belegt, 30 neue Stirnkanten, alle Docken neu, neue Schutzleiste und Halteklötze u. a. m.
Die Laute habe ich erhalten und die Decke abgenommen. Da sieht man die übliche Reparaturarbeit, Klötze zur Verstärkung mit Bindfaden durch die Decke befestigt, also man kann immer wieder lernen wie man reparieren muß. Es müssen ein paar Wirbel erneuert werden, 2 fehlen, Saiten und Bünde sind nicht orginal, ein paar hundert Jahr Lebensdauer wäre doch zuviel verlangt, dann sind die Stärken ganz verschieden und unpassend und ganz verschieden geknüpft. [Seitlich am Rand hinzugefügt: "auch der Sattel ist zweifelhaft,".]
Betreffs des Füllfederhalters habe ich Ihnen schon früher berichtet. In dem Geschäfte haben Sie nur den Halter richtig zu geschraubt und er bleibt bis heute trocken. Die Tinte kam nur durch das Gewinde. Die haben allerdings eine Rohrzange dazu, welche mit Leder gepolstert ist, wie ich die Flachzange zum Messingösen drehen benütze, also haben mein Patent andere auch im Gebrauch. Es wurde mir gesagt ein Einschicken wäre zwecklos, nur richtig fest schrauben und der Halter bleibt trocken.
Ich kann mit gut vorstellen, daß der 2. Stock jetzt ein schmucker Raum wird und bin auch gerne dafür zu haben wenn endgültige Einrichtung getroffen wird. Aber eins muß ich voraus schicken, mein Gewicht habe ich jetzt noch weiter als die 2 K[g] reduziert und fühle mich dabei wohl –. Jetzt gehe ich erst einmal bis Ende nächster Woche in die sächs. Schweiz ohne ständiges Quartier, also bitte Post bis dahin aufzuschieben.
Es ehrt mich sehr, daß Sie so freundlich meiner Tochter gedenken, aber etwas besonderes zu äußern liegt mir nicht. Ich kann Ihnen nur verraten, daß Sie Küche und Schlafzimmer komplett haben und weil sie jetzt daran ist von Oktober ab eine eigene Wohnung zu beziehen, muß also auch das wohnliche eingerichtet werden und denke, daß es Ihnen keine Schwierigkeit sein wird irgend etwas zu finden.
Bestätige Ihnen bestdankend den Empfang v. 20.- [RM] a. C[onto].
Mit herzlichen Grüßen // Ihr ergebener // Otto Marx."