"Sehr geehrter Herr Doktor Rück!
Heute endlich finde ich Gelegenheit, Ihnen vom 14. v. M. [er]haltenen Brief zu antworten. Mittwoch nach Erhalt desselben reisten wir nach Dresden, d. h. mein Mann mit Steinerts nach der sächsischen Schweiz, ich später über Nossen nach Freital, wo wir Sonnabend drauf uns trafen, um zusammen einige Tage in Dresden und dessen Umgebung zu genießen. Da gab es für mich bis zum Schließen der Tür allerhand zu tun, und bei meinen Verwandten klappte es auch nicht mit dem Schreiben, auch nicht in dem Jugendheim. Nun ist mein Gatte heute früh zu Ihnen [gef]ahren, und so will ich nun meiner Schuldigkeit nachkommen und Ihnen für Ihren freundlichen Rat bestens danken. Ich drücke Ihnen und Ihrem Herrn Bruder im Geiste die Hand und bitte zu entschuldigen, Ihre so kostbare Zeit mit meinem Anliegen in Anspruch genommen zu haben. Leider habe ich Ihren so wohlgemeinten Rat noch nicht befolgen könne, und weiß auch nicht wann und ob ich das tun werde. Ich habe bisher mein wöchentliches Wirtschaftsgeld erhalten, ohne daür Abrechnung leisten zu müssen, und denke daß das so bleibt. Wenn ich nun meinem Manne das Anliegen vorbrächte, würde er wenn er könnte die Sache regeln, aber ich wüßte auch, daß ich dann für ihn abgetan wäre. Sie staunen gewiß darüb[er], aber ich kenne meinen Mann. Ich will und muß mich allein herausbeißen. Wü[r]de ich wöchentlich 3 [R]M weglegen, dann hätte ich in 2 Jahren meine Schuld getilgt und stände dann frei da. Glauben Sie Herr Doktor, ich habe lange überlegt ob ichs meinem Mann sagen soll, aber bei seiner Rechtschaffenheit würde ich ihn sehr betrüben, und er würde mir bei seiner Nachträglichkeit das Leben zu Hölle machen. Darum wandte ich mich vertrauensvoll an Sie, Das Gleiche gilt auch für Frau Steinert, denn deren Mann ist sehr jähzornig. Ich brauche wohl nich[t e]rst zu bitten meine Schreiben ohne Kenntnis eines Dritten zu vernichten.
Für die reiche Spende, die Sie unseren Kindern zukommen ließen, danke auch ich Ihnen herzlichst, Sie haben damit große Freude bereitet.
Ihnen und Ihrem Herrn Bruder alles Gute für die Zukunft wünschend, grüßt in Dankbarkeit // Ihre Elsa Marx."