NL Rück, I, C-0570d

"Lieber Herr Marx! 

Kaum hatte ich heute abends meinen eingeschr. Brief mit dem Geld an Sie spediert, in dem ich schrieb, dass sich der Lautenbesitzer nicht gerührt habe, rief dieser telefonisch bei mir an und teilte mir mit, Sie könnten in dieser Woche die Laute bei ihm gerne besichtigen.

Somit bitte ich Sie, doch auf dem Herweg diese Laute genau anzusehen und mir einen genauen Befund aufnehmen zu wollen. Vielleicht könnten Sie dort auch eine Fotografie machen lassen, falls sich diese nach Ihrem Befunde lohnt. Angeblich stammt sie aus dem Besitzer Friedrich des Grossen und wurde von ihm einer Familie geschenkt, die sie vererbte und zuletzt dem jetzigen Besitzer Storch deswegen schenkte, weil seine Mutter oder Frau in dieser Familie jemand pflegte. Otto 

Jetziger Besitzer ist Herr Storch, wohnhaft in Kleinsassen an der Rhön. Kleinsassen ist drei Kilometer entfernt von der Bahnstation Bieberstein. Dieses Bieberstein liegt an der Nebenbahn, die von Fulda abzweigt und nach Wüstensachsen führt. Sie müssen also in Fulda umsteigen nach Bieberstein. Von B. können Sie entweder zu Fuss gehen, oder das Postamt Kleinsassen anrufen und nach Hr. Storch verlangen, der Ihnen dann ein Auto zur Bahnstation Bieberstein sendet. Sie können besagten Herrn Storch natürlich auch aus Fulda anrufen, dass er Ihnen den Wagen sendet zur Station Bieberstein. Am besten eine Herbeiholung telefonisch machen, Storch meldet sich dann, sobald er am Postamt eingelangt ist. Storch hatte früher selbst Telefon und einen Gasthof genannt Haus von Kreyfeld, jetzt nicht mehr. 

Die Laute ist angeblich von Tiefenbrucker um 1550, mit angeblich echtem Zettel. Bitte sehen Sie zu, diesen möglich getreu abzuzeichnen. Es gibt scheinbar mehrere Tiefenbrugger mit und ohne Brandstempel rückwärts. In Wien sah ich eine T. Laute mit höchst verdächtigem Brandstempel. Wenn Sie glauben, die Laute könne in Frage kommen, bitte ich, die Umrisse auf Packpapier abnehmen zu wollen samt dem Querschnitt

Storch bot die Laute dem Germ[anischen] Mus[eum] an, das sich aber dafür nicht interessiert. Da er uns ein Monat ohne Antwort liess, nehmen wir an, dass er inzwischen sein Heil bei anderen Museen ebenfalls zwecklos versuchte. Vielleicht können Sie herausbringen, ob und welchen [Preis] er sich etwa einbildet. Oft haben solche Leute unsinni[ge] Fantasiepreise im Kopf. Einen solchen zu bewilligen, fällt uns natürlich nicht ein.

Bitte zählen Sie auch die Zahl der Spähne des Corpus und ob sie gekehlt sind und durch welche Einlagen abgegrenzt. Wenn es eine echte T. wäre, fällt sie ja schon durch ihre Arbeit auf. Auch wäre natürlich wichtig zu wissen, ob sie noch im Originalzustand sich befindet, oder wie die meisten solcher Instrumente bereits umgearbeitet. Ihre reiche Erfahrung weiss alles und noch manches andere ja viel besser als wie ich!

Nun noch zur Fahrkarte: Bitte nehmen Sie eine Urlaubskarte Leipzig – Nürnberg derart, dass der Hinweg nach Nürnberg über Fulda fährt der Rückweg nach Leipzig dagegen direkt. Diese Karte können Sie einmal, und zwar in Fulda unterbrechen. Ein 2tes Mal auf des Hinweg nach Nbg nicht mehr.  Die Strecke Fulda- Bieberstein und zurüch nehmen Sie in gewöhnl. Fahrkarten.

Urlaubskarten mit Umweg müssen nach den Bestimmungen 5 Tage vorher bestellt werden bei der Bahn. Unser Schalter hier aber sagt, wenn Sie sie den Tag vorher in Leipzig bestellten, würden Sie sie schon am nächsten Tag bekommen. Oder Sie bestellen sich diese Urlaubskarte im Reisebüro am Augustusplatz, wo Sie immer in die 2er nachhause zu einsteigen, neben Papier Flinsch: dort bekommen Sie diese Karte als Urlau[b]skarte vielleicht am gleichen Tag. Diese Leute s[ind] seh[r] entgegenkommend. 

Ich denke, dass Sie, wenn es Ihnen genehm ist, am Donnerstag fahren könnten. Bitte berichten Sie wenn in Fulda oder in Bieberstein nach Ihrem Belieben nicht anzustrengen und um genügene Zeit der eine eingehende Besichtigung zu haben. Bitte teilen Sie mir dann noch mit, wann wir Sie dann in Nbg erwarten dürfen. Fahrplan lege ich auszugsweise für Ihre Orientierung bei, bitte im Reisebüre nachkontrollieren lassen. 

Ein Preisangebot machen wir erst, wenn wir uns beide ausgesprochen haben. Das ist ja klar. 

Stuttgart und ev. Heidelberg machen wir dann ab hier extra wieder mit Urlaubskarte, näheres dazu mündlich. Gute Reise, schönes Wetter, Vergnügen für die Fahrt und recht schönsten Dank im voraus! Dann noch beste Grüsse von Ihrem".

Absender/Urheber Person
Empfänger Person
Datum
1937,08,31
Schreibort
Nürnberg