NL Rück, I, C-0570d

"Sehr geehrter Herr Dr. Rück!

Sie werden staunen von mir ein Schreiben zu erhalten, und noch mehr, wenn Sie Kenntnis davon genommen haben. Es hat mich auch große Überwindung gekostet, dies zu tun. Gerne hätte ich mein Anliegen Ihnen bei Ihrem letzten Hiersein vorgebracht, aber es bot sich dazu keine Gelegenheit bei der Kürze der Zeit, und an Ihren Herrn Bruder [Hans Rück] wollte ich damit noch nicht herantreten, da wir uns noch zu wenig kennen. Ich komme mit einer großen Bitte. Können Sie Herr Doktor uns, daß heißt der Schwiegermutter [Martha Steinert] meiner Jüngsten und mir zu einem Darlehen von 500 [R]M verhelfen, auf 2 Jahre bei [mo]natlicher Rückzahlung von 25 [R]M u. 10 Prozent. Die näheren Gründe das Warum und Wofür möchte ich nicht zu Papier bringen, das möchte ich lieber mündlich tun. Bitte verurteilen Sie mich nicht gar zu sehr, daß  ich die Hochherzigkeit, die Sie uns so oft schon erwiesen, auf diese Weise in Anspruch nehmen. Aber wir können hier nichts bekommen, ohne des Mannes Unterschrift, und das möchten wir gerade vermeiden um des lieben Friedens willen, denn mein Mann ist ja, wie Sie ihn ja kennen, in allem sehr peinlich. Er hat sein Leben nur Arbeit gekannt und erst durch Sie Herr Doktor sind ihm die frohen Stunden zuteil geworden, die ihm als Mann zukommen. Dafür kann ich Ihnen nicht genug danken.

Bitte lieber Herr Doktor wenn es in Ihrer Macht steht, helfen Sie uns, wir zahlen pünktlich ab und es stehen Ihnen un[ser]erseits ja auch Sicherheiten, als die drei Instrumente und meiner Versicherung. Aber der Allmächtige wird mir wohl noch die paar Jahre gönnen, um zu zeigen, daß auch eine Frau Wort halten kann. Wir benötigen auch die Summe nicht auf einmal, in drei Raten wäre uns geholfen, doch hätten wir gerne in Bälde einen Teil, da es drängt.

Nun will ich Sie nicht länger mit meinem Schreiben belästigen.

Ich hoffe Sie und Ihren Herrn Bruder bei besten W[ohl]sein. Mein Mann hat sich ganz gut in den Ruhestand gefunden. Bei dem schönen Wetter geht er viel baden, so auch jetzt, aber daheim sitzt er tagsüber in seiner Grotte und bald werden Sie wieder ein schönes Stück erhalten.

Bitte Herr Doktor verdammen Sie mich um meines Anliegens nicht ganz und behalten Sie noch ein wenig Wohlwollen für mich. In Dankbarkeit grüßt Sie Ihre // Elsa Marx."

Absender/Urheber Person
Empfänger Person
Datum
1937,08,05
Schreibort
Leipzig
erwähnte Personen