"Lieber Herr Marx!
Ich übersende Ihnen inliegend für die Dresdener Reise eine Reihe von Unterlagen:
1. den Giraffenflügel betreffend: Sie finden darin alles in der Korrespondenz. Der Giraffenflügel wäre, vertraulich unter uns gesagt, für München bestimmt, ausser es wäre etwas ganz exzellentes und ausgefallenes, was wir vorderhand noch bezweifeln wollen. Seien Sie so lieb, ihn genau zu untersuchen.
2. Die Instrumente bei Herrn Starke: auch hierüber die Original-Korrespondenz zum Studium. Bei diesen würde es sich ebenfalls höchstwahrscheinlich um München handeln, ausser es ist etwas dabei, was sich besonders für unsere Sammlung eignet, dann würden wir ein Instrument aus unserer Sammlung austauschen gegen eines in München. Bei den Streichinstrumenten kommt es mir natürlich darauf an, genau zu wissen, was noch original ist und was inzwischen alles herumgemurkst wurde.
3. wäre ich Ihnen dankbar, wenn Sie durch die Prager Strasse gehen, wenn Sie einen Besuch bei Herrn Paulus machen würden, dem dortigen Geigenmacher, ihm meine Grüsse übermitteln und nachsehen, ob er etwas interessantes hätte, dann möge er es mir ebenfalls anbieten und gegen Mitte Dezember zur Ansicht senden. Wir haben ja von Paulus allerhand gekauft, sodass Sie mit ihm schon zurande kommen werden. Er ist ein sehr verschlossener und etwas schwer zu
behandelnder Mann.
Die Herren Gerold, bei denen der Giraffe steht, sind selbst Sammler. Sie haben ein interessantes Doppel-Clavichord. Ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Sie dieses "aus Interesse" besichtigen würden und würden mir unter der Hand auch Ihre Meinung darüber sagen. Auf dieses spitze ich schon lange. Aber bisher wollte es Herr Gerold nicht hergeben. Es ist zweifelsfrei interessant. Ob alles echt ist, da will ich Ihrem fachmännischen langjährigen Wissen keinesfalls vorgreifen.
Bitte melden Sie sich bei Herrn Gerold und bei Herrn Starke rechtzeitig vorher an und schreiben Sie den Herren, sie möchten die Räume heizen damit Sie sich nicht erkälten. Wählen Sie auch bitte keinen kalten Tag, sondern einen Ihnen vollkommen passenden Tag.
Sie werden wahrscheinlich gerne die Gelegenheit benützen, auch das Grab Ihres Bruders und Ihre Verwandten zu besuchen. Bitte legen Sie am Grab Ihres Bruders für mich eine Blumenspende im Betrag von RM 5.-- nieder, die ich der Einfachheit halber diesem Briefe beilege.
Er hat uns immer treu gedient und wir werden sein Andenken stets in Ehren halten.
Selbstverständlich belasten Sie mir die gesamten Spesen Ihrer Dresdener Reise. Ich nehme an, dass Sie dort übernachten und ich wünsche, dass Sie ein gutes Haus wählen: entweder Trompeterschlösschen oder Hotel Schiller allernächst dem Bahnhof Dresden-A. Vorausbestellung ist in beiden Fällen auch am Platze. Ich wünsche Ihnen gute Fahrt und bitte dann um einen erschöpfenden Bericht.
Sehr wertvoll wäre mir insbesondere zu hören, welche Preise Starke für seine Instrumente will. Letzteres wäre mir besonders wichtig. Wenn er natürlich Fantasiepreise will, ist die Sache schwerer zu deichseln als wenn er in dieser Beziehung vernünftig ist. Andererseits brauchen wir auch nicht kleinlich zu sein, nachdem ja, vertraulich nur zu Ihnen gesagt, die Stadt München als Käufer auftritt.
Ich wünsche Ihnen gute Reise und bin mit herzlichen Grüssen // wie immer Ihr
NB. Bei nochmaligem Überdenken obiger Sache kommt mir der Gedanke, ob Sie nicht Dresden bei Ihrem nächsten Besuch in Nürnberg mit verbinden wollen, d.h. von Leipzig nach Dresden fahren und von dort dann nach Nürnberg. Ich hege die stille Hoffnung, dass wir das Vergnügen haben, Sie im Laufe der nächsten Monate wieder in Nürnberg begrüssen zu können. Wenn dies beispielsweise im Januar der Fall wäre, könnten wir ja den Dresdener Besuch soweit hinausschieben. Auf der anderen Seite kann man einwenden, dass es wieder bequemer ist, wenn Sie von Leipzig extra hinfahren. Wir überlassen den Entscheid darüber gerne Ihnen, richten Sie es sich ein, wie es Ihnen am bequemsten ist.
Anlage: RM 5.--".
Handschriftliche Anmerkung unter dem Datum auf Durchschlag: "übergeben: 31.1.41."